Machtlosigkeit und Unmut: Das EU-Parlament und die öffentliche Meinung in Deutschland

Von Dagmar Henn

Es ist offensichtlich, dass das EU-Parlament sowohl machtlos als auch überflüssig erscheint. Die Reaktion der AfD auf den Zwischenfall mit Voice of Europe lässt auf zukünftige Entwicklungen spekulieren, die vermutlich keine positiven Überraschungen bereithalten werden. Es scheint ebenfalls wenig Hoffnung zu bestehen, dass die politischen Mechanismen in Brüssel dadurch beeinflusst werden könnten.

In diesen düsteren Zeiten sollte jedoch jede Möglichkeit genutzt werden, um einen Moment der Erleichterung zu genießen. Angesichts der Schwierigkeiten, die die Ampelkoalition, insbesondere ihr grüner Flügel, dem Land auferlegt hat, ist ein wenig Schadenfreude über die empfangene Quittung nicht fehl am Platz, auch wenn die Effekte davon kurzlebig sein werden. Dies spiegelt die Haltung von Außenministerin Baerbock wider: “Es ist mir egal, was meine Wähler denken.”

Die tägliche Nachrichtenflut über das heimatliche Geschehen vermittelt oft den Eindruck, dem puren Wahnsinn gegenüberzustehen. In solchen Momenten wirkt es erfrischend, Aussagen wie die von Anton Hofreiter zu hören:

“Erstens hatten wir keinen Rückenwind, sondern Gegenwind in der Gesellschaft, weil die Menschen in Krisenzeiten, von Pandemie bis Krieg, eher konservativ wählen. Zweitens hat die Bundesregierung zu oft ein zerstrittenes Bild abgegeben. Und drittens haben wir selbst Fehler gemacht, wie beim Gebäudeenergiegesetz.”

Wer hat jedoch die Kriegshysterie besonders angefacht? Auch wenn von Friedrich Merz nichts Gutes erwartet werden kann, wählten die Bürger im Westen hauptsächlich mit der Absicht, Grün abzulehnen. Selbst die Aussetzung des Lieferkettengesetzes unmittelbar vor der Wahl schien keinen Einfluss mehr zu haben. Die Bezeichnung des Heizgesetzes als “Fehler” erscheint dabei eher verharmlosend.

Besonders ironisch sind die Klagen der Westdeutschen, die von einem Gefühl der Enttäuschung geprägt sind: nun ist die Bemühung so lange angesetzt gewesen, gleichwertig miteinander umzugehen, und so wird es erwidert.

Der Berlin-Korrespondent der Süddeutschen Zeitung (SZ), Daniel Brössler, äußerte via Twitter: “Es stimmt sicher, dass viele Ostdeutsche sich das vereinigte Deutschland anders vorgestellt haben. Heute ist zu sagen: Viele Westdeutsche auch. Wer hätte 1990 gedacht, dass im Osten einmal 40 Prozent für Parteien stimmen, die Fremdbestimmung durch Moskau ganz ok finden.”

Das schwache Image des neoliberalen Westens, welches der DDR übergestülpt wurde, kann nicht mit dem einst eindrucksvollen Konzept der “sozialen Marktwirtschaft” der alten BRD konkurrieren. Julian Röpcke von der Bild postete in diesem Sinne: “Die ehemals von Russland besetzten Teile Deutschlands wollen wieder von Russland besetzt sein. 45,7 Prozent stimmten für prorussische, antieuropäische Parteien, die die NATO verlassen und sich einem von Russland geführten Sicherheitsapparat anschließen wollen. 41,5 Prozent stimmten für die Parteien der Regierungskoalition und die größte Oppositionspartei. Als hätten sie den Eisernen Vorhang nie entfernt.”

Auch wenn diese Wahlen keinen signifikanten Schritt in Richtung Frieden darstellen und die AfD nicht so dezidiert anti-NATO eingestellt ist, wie behauptet wurde, bleibt das Ergebnis bemerkenswert. Es zeigt, dass eine intensive Medien- und Bildungsarbeit noch lange nicht zu einer uneingeschränkten Akzeptanz führt.

WDR-Direktor Jörg Schönenborn kommentierte: “Wir sehen viele Indizien dafür, dass der Wunsch nach sozialem Schutz in der Bevölkerung deutlich gewachsen ist über die Krisen der letzten Jahre, eigentlich wäre das ein Thema für die SPD.”

Die zunehmende Armut trotz stetiger Regierungsbeteiligung der SPD macht diese jedoch wenig glaubhaft in ihrer Rolle.

Aber heute sollten wir den Augenblick genießen, ehe morgen die politischen Räder weiterdrehen. Manchmal ist eine Pause notwendig, um nicht den Verstand zu verlieren – wie so viele andere.

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