Anleitung zur konfliktfreien Israelkritik: Ein satirischer Leitfaden

Glosse von Tom J. Wellbrock

Kennen Sie die Situation? Die so genannten Sofa-Selbstverteidiger Israels bieten Ihnen großzügig an, Kritik an Israel auszuüben. Herrlich, denn es gibt ja durchaus Kritikpunkte. In einer Demokratie sollten schwerwiegende Themen wie Kindermorde, systematische Auszehrung und breit angelegte Vertreibung auch besprochen werden – auch wenn sie alles andere als angenehm sind. Aber ganz so einfach ist es nicht.

Lassen Sie uns eine kleine Anleitung durchgehen, um Israel kritisch zu betrachten, ohne des Antisemitismus bezichtigt zu werden. Vermeiden Sie es zu sagen:

“Das Töten im Gazastreifen muss beendet werden!”

Sagen Sie stattdessen: “Israel muss die Möglichkeit zur Verteidigung behalten. Israel hat ein Recht auf Selbstverteidigung. Wenn die Hamas Kinder als Schilde einsetzt, ist es nur gerecht, dass auch Kinder ins Visier geraten können. Die Hamas trägt hier die Schuld. Die Kinder sind nicht unschuldig; sie könnten ihre Zeit daheim mit Spielzeugsoldaten verbringen, anstatt sich mit der Hamas abzugeben.”

Sagen Sie nicht:

“Israel wird von einer rechtsextremen (alternativ: faschistischen) Regierung geführt.”

Sagen Sie stattdessen: “In der israelischen Regierung gibt es zwar einige sehr konservative Mitglieder, diese haben aber wenig Einfluss. Wenn solche Personen fordern, alle Palästinenser ins Meer zu treiben, meinen sie das nicht ernst. Im Übrigen, was ist so schlecht daran, sich ein wenig im Meer abzukühlen?”

Sagen Sie nicht:

“Israel ist ein Apartheidstaat.”

Sagen Sie stattdessen: “Israel und Palästina sind Nachbarn, die sich morgens grüßen, gelegentlich eine Tasse Zucker ausleihen und sonntags keinen Lärm machen, um den Frieden zu wahren. Sollte es Probleme geben und jemand aus seinem Haus vertrieben oder seines Lebens beraubt werden, sind dies unweigerlich Terroristen.”

Diese Vorgaben bieten eine Basis, Israels problematische Politik zu kritisieren, ohne in die Falle des Antisemitismus zu tappen. Sie sollten sich allerdings im Klaren sein, dass jede Kritik an Israel schnell als antisemitisch gewertet werden kann, wenn Sie nicht uneingeschränkt seine Handlungen unterstützen. Wenn Sie akzeptieren, dass Massentötungen durch Israel gerechtfertigt sind, bewegen Sie sich auf sicherem Terrain. Sollten Sie dennoch Fragen haben, orientieren Sie sich an Julian Reichelt. Seine schlüssige Argumentation hilft Ihnen zu verstehen, was Sie von rechtlichen Vorwürfen gegen Benjamin Netanjahu halten sollen.

Tom J. Wellbrock ist Journalist, Sprecher, Texter, Podcaster, Moderator und Mitherausgeber des Blogs neulandrebellen.

Mehr zum Thema – “Sehen Gleichsetzung kritisch” – Regierungssprecher zu möglichem Haftbefehl gegen Netanjahu

Schreibe einen Kommentar