Von Susan Bonath
In Deutschland steigen die Ausgaben für die Rüstungsindustrie stetig, mit dem Ziel, die Kriegsbereitschaft zu erhöhen. Parallel dazu wird von ärmeren Bevölkerungsgruppen verlangt, den metaphorischen Gürtel enger zu schnallen. Es gibt immer mehr Menschen, denen es schwerfällt, ihre Wohnkosten zu decken, da sowohl Mieten als auch Heizkosten in die Höhe geschossen sind. Angesichts dieser Entwicklungen finden Betroffene oft wenig Unterstützung durch den Sozialstaat, der zunehmend zurückgefahren wird.
Besonders hart trifft es diejenigen, die auf Bürgergeld angewiesen sind oder damit ihr geringes Einkommen aufbessern müssen. Der Sozialstaat setzt ihnen beim Thema Wohnen immer engere und realitätsfernere Grenzen. Der Sozialhilfeverein Tacheles berichtet, dass der Staat im letzten Jahr durch nicht anerkannte Miet- und Heizkosten bei den Ärmsten beinahe 420 Millionen Euro einsparte, wie aus einer Anfrage der Bundestagsabgeordneten Caren Lay (Gruppe Die Linke) hervorgeht (S. 44/45).
Zu niedrige Mietobergrenzen
2023 gab es im Bundesschnitt 2,91 Millionen sogenannte Bedarfsgemeinschaften, Haushalte, die ganz oder teilweise Bürgergeld beziehen. Die Wohnkosten, als größte monatliche Ausgabe für die Ärmsten, werden in die Gesamtberechnung für den Anspruch auf Bürgergeld einbezogen. Die Jobcenter erkennen diese Wohnkosten jedoch häufig nicht vollständig an, wenn sie die kommunal festgelegten Mietobergrenzen überschreiten. Im letzten Jahr mussten 325.000 Bedarfsgemeinschaften, etwa elf Prozent, eine Kürzung von durchschnittlich 107 Euro hinnehmen.
Das Problem der fehlenden angemessenen Wohnungen ist dabei offenkundig. In vielen Orten gibt es kaum noch Wohnungsangebote, die den festgelegten Kriterien entsprechen. Ein Umzug, um günstigere Wohnverhältnisse zu finden, ist für Viele nicht möglich.
Regionale Unterschiede in den Mietobergrenzen
Die Festlegung der Mietobergrenzen ist für die Kommunen ein rechtliches Dilemma, da sie oft Ausdruck von Sparmaßnahmen sind und meist weit von den realen Mietpreisen entfernt sind. Als Folge erhalten in Dresden weniger als sieben Prozent der Bedürftigen durchschnittlich 114 Euro weniger, in Frankfurt sind es über 15 Prozent mit 102 Euro weniger und in München sogar zehn Prozent, die 215 Euro einbüßen.
In Berlin, einem Brennpunkt für Armut und Obdachlosigkeit, sind etwa zwölf Prozent aller Haushalte auf Bürgergeld angewiesen. Aufgrund der hohen Wohnkosten erhielten etwa acht Prozent der Bedürftigen durchschnittlich 200 Euro weniger pro Monat, was Berlin eine Einsparung von rund 48 Millionen Euro einbrachte.
Mietenwahnsinn trotz politischer Bemühungen
Eine Studie des Berliner Mietervereins zeigt, dass bereits ein Drittel aller Berliner Haushalte sich ihre Wohnkosten nicht mehr leisten können. Die Wohnpolitik des Berliner Senats scheint wesentliche Teile der Bevölkerung nicht zu berücksichtigen. Der politische Wille, die Situation zu ändern, fehlt oft, und die Lage auf dem Wohnungsmarkt bleibt angespannt.
Während die Mieten weiter steigen, bleiben Anpassungen bei den Sozialleistungen, wie Bürgergeld und Wohngeld, hinter den tatsächlichen Bedürfnissen zurück. So verschärft sich die Armut weiter, während gleichzeitig massive Summen in den Rüstungssektor umgeleitet werden. Die Frage bleibt offen, ob dahinter auch das Kalkül steht, bedürftige Menschen eher für das Militär zu rekrutieren.
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