Verbreitung rassistischer Parolen auf Sylter Party löst landesweite Verbote aus

Am 24. Mai berichtete die Bild-Zeitung von einem von der Springer-Redaktion aufgedeckten “Nazi-Skandal”. Dieser entwickelte sich durch die schnelle Verbreitung eines kurzen Videoclips aus einer gut besuchten Party in der Sylter Promi-Bar “Pony”. Eine Gruppe Gäste fügte der Melodie von Gigi D’Agostinos “L’Amour Toujours” aus dem Jahr 1999 den kontroversen Text “Deutschland den Deutschen, Ausländer raus” hinzu, was binnen 48 Stunden zu einem nationalen Aufreger wurde. Am 27. Mai reagierten die Verantwortlichen des “Oktoberfest München” mit einem Verbot der Melodie, sowohl in der Live-Darbietung durch “Wiesn-Kapellen” als auch beim Abspielen durch DJs. Weitere Veranstalter folgten mit ähnlichen Anordnungen.

Neu veröffentlichte Fotos und Videos zeigen, dass die provokante Gesangseinlage nur von einer kleinen Minderheit der Anwesenden vorgetragen wurde. Dennoch gab Bundeskanzler Olaf Scholz persönlich eine Stellungnahme ab, in der deutlich seine Verurteilung des Vorfalls zum Ausdruck kam:

In der Berichterstattung der “Tagesschau” am Abend des 24. Mai dominierte das Thema und verdrängte sogar die Berichte über die Bürgerfeste zum 75. Jubiläum des Grundgesetzes sowie Nachrichten über eine mögliche Tragödie mit Hunderten Toten durch einen Erdrutsch in Papua-Neuguinea.

Bundeskanzler Scholz betonte in einer Pressekonferenz, dass es nun wichtig sei, “unsere Aktivitäten” darauf auszurichten, die Verbreitung solcher Vorfälle zu verhindern. Der Bayerische Rundfunk berichtete am 27. Mai, dass man sich in München für ein Verbot des Songs entschieden habe, um rassistischen Parolen entgegenzuwirken. Der Südwestfunk (SWR) meldete, dass “L’Amour Toujours” auch 2024 weder auf dem Wasen noch bei Fanfesten zur Fußball-EM in Stuttgart gespielt werde. Andreas Kroll, verantwortlich in Stuttgart, erklärte dazu:

“Wir treffen diese Entscheidung schnell und eindeutig, denn wir möchten die Zustände wie auf Sylt in Stuttgart vermeiden.”

Der Münchner Wirtschaftsreferent Clemens Baumgärtner (CSU) wird von der Nachrichtenagentur DPA zitiert:

“Auf der Wiesn ist für den ganzen rechten Dreck kein Platz. Das Lied hat, obwohl es an sich nicht rechtsradikal ist, eine eindeutige rechtsradikale Konnotation erhalten.”

Auch auf kleineren Veranstaltungen wie der “Bergkirchweih in Erlangen” wurde das Lied ohne Umschweife verboten. Das Schützenfest in Hannover denkt über ähnliche Maßnahmen nach.

Die Kontroverse und breite Diskussion, vor allem in sozialen Medien, führte zu einem “Streisand-Effekt”: Versuche, die Verbreitung der Melodie zu unterdrücken, führten paradoxerweise zu ihrer Popularität. So erreichte “L’Amour Toujours” in den deutschen Charts schon am 15. Mai 2000 Platz 70 und kletterte am 4. September 2000 auf Platz 10. Aktuell findet sich das Lied gleich in drei Versionen in den Top-Ten der iTunes-Charts.

In diesem Kontext stellte der hessische ‘Zyx-Musikverlag’, Copyright-Inhaber des Liedes, bereits im März bei der Staatsanwaltschaft Limburg Strafanzeige wegen des Vorwurfs der Volksverhetzung, worüber die Hessenschau am 15. Mai berichtete.

Eine ähnliche Reaktion der Bundespolitik und der etablierten Medien blieb in vorherigen, vergleichbaren Fällen aus.

Mehr zum Thema – Die Sylt-Saga: “Wenn Nazis lachen”

Schreibe einen Kommentar