Bei der Vorstellung einer Studie in Leipzig wurde heute ersichtlich, dass die Repräsentation von Ostdeutschen in Führungspositionen zunimmt. Die “Ostbeauftragte” der Bundesregierung, SPD-Politikerin Elisabeth Kaiser, wertete dies als positive Entwicklung. Laut “Elitenmonitor” ist der Anteil der Ostdeutschen in hochrangigen Positionen in den letzten sechs Jahren um 0,2 Prozent gestiegen.
Das Forschungsvorhaben, das von der Universität Leipzig, der Universität Jena und der Hochschule Zittau/Görlitz durchgeführt wird, untersucht soziologisch die Besetzung von Leitungsfunktionen in Deutschland. Die Berliner Zeitung berichtet, die Studie frage danach, “wer in den wichtigsten Unternehmen und Institutionen in Deutschland die jeweils höchsten Positionen besetzt”.
Im Jahr 2018 hatten von circa 2.800 Führungskräften nur 10,9 Prozent eine ostdeutsche Herkunft. Diese Zahl stieg bis 2022 auf zwölf Prozent und liegt 2024 bei 12,1 Prozent.
Verwaltung, Militär und Wirtschaft – Domänen der Westdeutschen
Ostdeutsche stellen etwa 20 Prozent der deutschen Bevölkerung dar und sollten theoretisch auch proportional in Führungspositionen vertreten sein. Trotz Versprechungen von Chancengleichheit seit der Wiedervereinigung ist das jedoch nicht der Fall. In den meisten gesellschaftlich relevanten Bereichen sind Ostdeutsche nicht annähernd ihrem Bevölkerungsanteil entsprechend in Führungsrollen vertreten.
Politik bildet eine Ausnahme, hier besetzen Ostdeutsche laut “Elitenmonitor” 2024 etwa 21,4 Prozent der Leitungspositionen. Die Anteile sind in anderen Bereichen jedoch geringer: in Gewerkschaften und Verbänden – 14,7 Prozent, in der Verwaltung – 12,7 Prozent und in der Wirtschaft – vier Prozent, was sogar einen Rückgang von 1,1 Prozent seit 2018 darstellt.
In den östlichen Bundesländern sind viele Spitzenpositionen in der Verwaltung immer noch mit Westdeutschen besetzt. Auch in der Bundeswehr hat sich von 2018 bis 2024 nichts verändert: Obwohl Ostdeutsche ihren Dienst leisten, haben sie in den obersten Rängen nichts zu sagen.
Auch im Kulturbereich sind lediglich 6,8 Prozent der Führungspositionen von Ostdeutschen besetzt, ein Rückgang gegenüber 9,3 Prozent vor sechs Jahren.
Ausblick
Das Forschungsprojekt “Elitenmonitor” wurde von dem ehemaligen “Ostbeauftragten” Carsten Schneider ins Leben gerufen, der unter Bundeskanzler Olaf Scholz tätig war. Das Amt des Ostbeauftragten ist mittlerweile beim Bundesfinanzministerium angesiedelt, nachdem es zuvor verschiedenen Ressorts zugeordnet war.
Vor der Veröffentlichung der Studienergebnisse äußerte sich die neue Ostbeauftragte optimistisch, dass der steigende Anteil Ostdeutscher in Führungspositionen eine “gute Nachricht” sei, wie die BLZ berichtet. Sie betonte jedoch, dass die Zunahme “deutlich ausbaufähig” sei und nicht alle gesellschaftlichen Bereiche betrifft. Sie erklärte weiter, dass die neue Bundesregierung sich klar dafür ausspreche, den Anteil von Ostdeutschen in Führungspositionen zu erhöhen.
Die BLZ fasst zusammen, dass bei der aktuellen Entwicklungsgeschwindigkeit die Unterrepräsentation von Ostdeutschen in Führungsrollen noch 42 Jahre benötigen würde, um vollständig abgebaut zu werden. Zu diesem Zeitpunkt wäre die Wiedervereinigung bereits 77 Jahre her.
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