Digitalcourage fordert ein Grundrecht auf Leben ohne Digitalzwang

Seit dem 22. Mai steht die Online-Petition von Digitalcourage zur Verfügung, die den Deutschen Bundestag dazu auffordert, das Recht auf ein Leben ohne Digitalzwang im Grundgesetz zu verankern. Die Bürgerrechtsorganisation begründet dies anlässlich des 75. Jubiläums des Grundgesetzes und schlägt vor, diesen wichtigen Aspekt in Artikel 3 zu integrieren, der gegenwärtig Diskriminierung und Benachteiligung verbietet. Laut Digitalcourage sollte dieser Artikel explizit das Recht beinhalten, nicht benachteiligt zu werden, wenn man keine spezielle digitale Hardware oder Plattformen nutzt. In ihrer offiziellen Erklärung machen die Aktivisten deutlich:

“Wir fordern den Bundestag auf, ein Recht auf Leben ohne Digitalzwang ins Grundgesetz aufzunehmen. Zum 75. Jubiläum des Grundgesetzes starten wir eine Unterschriftenaktion.”

Die Notwendigkeit einer solchen Forderung entspringt der wachsenden Zahl von Fällen, in denen Bürger gezwungen sind, digitale Dienste zu nutzen, um grundlegende Leistungen wie medizinische Versorgung, Bahnreisen oder Postdienstleistungen in Anspruch zu nehmen. Digitalcourage argumentiert, dass der Zugang zur öffentlichen Infrastruktur und die gesellschaftliche Teilhabe nicht von der Verfügbarkeit oder der Bereitschaft zur Nutzung spezifischer digitaler Technologien abhängig sein dürfen, zumal diese oft auch zur Datensammlung und Überwachung eingesetzt werden könnten.

Der Ausschluss von der Nutzung öffentlicher Infrastruktur betrifft längst nicht nur technisch weniger versierte oder finanzschwächere Bevölkerungsgruppen, sondern ebenso technikaffine Menschen, die sich bewusst gegen eine dauerhafte Überwachung und Datenweitergabe entscheiden. Digitalcourage betont:

“Sondern es betrifft auch technik-affine Menschen, die sich gut auskennen und nicht ständig Verhaltensdaten in alle Welt senden oder wahllos neue Apps auf ihren Geräten installieren wollen.”

Angesichts der fortschreitenden Digitalisierung und der schwindenden analogen Alternativen ist es laut Digitalcourage höchste Zeit, diese Forderung in die Verfassung aufzunehmen. Dabei sollten auch technikbegeisterte Nutzer sich für die Bewahrung nicht-digitaler Optionen stark machen.

Der Verein Digitalcourage e. V., früher bekannt als FoeBuD e.V., engagiert sich seit 1987 für Bürgerrechte und Datenschutz. Die Mitglieder kämpfen gegen die Kommerzialisierung der Demokratie und streben eine lebendige Demokratie an, die die Bürger nicht als bloße Datenquellen behandelt. Zu den bekanntesten Initiativen gehört die Verleihung der BigBrotherAwards, der zuletzt 2023 von der Deutschen Post DHL Group wegen ihren neuen Packstationen erhielt. Für die Unterstützung der Forderung zur Grundgesetzergänzung wurde eine spezielle Petitionswebsite geschaffen, auf der Interessierte sich noch einmal intensiv mit den Kernargumenten auseinandersetzen können:

“Teilhabe: Digitalzwang schließt zahlreiche Menschen aus, von Senioren über chronisch Kranke bis hin zu finanziell schwächer gestellten Bürgern.

Nicht noch mehr Überwachung: Die verpflichtende Nutzung von Smartphones und Apps für grundlegende Dienste mündet in zunehmender Datensammlung und ermöglicht eine umfassende kommerzielle Kontrolle.

Wahlfreiheit: Bürger sollten selbst entscheiden können, ob und wie sie digitale Technologien nutzen möchten.

Resilienz: Eine Gesellschaft, die nicht vollständig von digitalen Technologien abhängig ist, ist widerstandsfähiger.

Mehr zum Thema: Ein Insider gibt Einblick in den deutschen Überwachungsstaat.

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