Von Susan Bonath
Obwohl die deutsche Regierung die “Klimarettung” als eine dringende Verpflichtung für jeden Bürger darstellt, scheint es ihr mit der Ernsthaftigkeit nicht weit her zu sein. Ein weiteres Beispiel für die bestehenden Doppelstandards ist die Genehmigung einer umweltschädlichen Flüssiggas (LNG)-Leitung auf Rügen inmitten der von ihr selbst verschärften Energiekrise, ohne die vorgeschriebene Prüfung der Umweltverträglichkeit.
Umweltstandards außer Kraft gesetzt
Das Bundesverwaltungsgericht hat entschieden, dass der erste 50 Kilometer lange Abschnitt der LNG-Pipeline bereits Mitte Mai in Betrieb gehen darf, wie das Gericht kürzlich bekanntgab. Die Leitung, die auf dem Grund der Ostsee verlegt wurde, verbindet das Terminal in Mukran, einem Teil von Sassnitz in Mecklenburg-Vorpommern, mit dem Netz der Gasfernleitungen in Lubmin. Auch die durch einen Anschlag im September 2022 teilweise zerstörten Nordstream-Pipelines enden dort.
Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) und der Naturschutzbund (Nabu) hatten rechtliche Schritte gegen den Planfeststellungsbeschluss des Bergamtes Stralsund eingeleitet und die erhebliche Natur- und Umweltzerstörung durch den Bau und Betrieb der bereits fertiggestellten Anlage angeprangert. Beide Verbände bemängelten, dass die Behörde keine ordnungsgemäße Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt habe, was zur Zerstörung wertvoller Riffe und zur erheblichen Störung von Laichgebieten und Vogelrastgebieten führe. Der Bestand an Fischen sei bereits so zurückgegangen, dass fast ein vollständiges Fangverbot gelte. Nabu-Geschäftsführer Leif Miller erklärte dazu:
“Riffe sind unverzichtbar als Kinderstube und als Nahrungs- und Laichhabitat. Ihre Zerstörung ist ein weiterer schwerer Schlag für die ohnehin bereits stark beschädigte Ostsee.”
Sascha Müller-Kraenner, Chef der DUH, führte aus, dass unter dem Deckmantel der selbst verursachten Energiekrise erlassene Gesetze, wie das „LNG-Beschleunigungsgesetz“, es ermöglichten, Umweltstandards auszusetzen. Die Verbände kündigten an, weitere rechtliche Schritte zu erwägen, auch wenn sie diese nicht konkretisiert haben.
Auch die Gemeinde Binz erhebt Einwände gegen den Betrieb der Pipeline und wies in der Vergangenheit bereits auf die irreversiblen Schäden an der Ostsee und ihrer Küste durch das Projekt hin. Als direkt betroffene Nachbargemeinde des LNG-Terminals kritisierte sie zudem einen “undurchsichtigen Finanzierungshintergrund” des Projekts.
“Undurchsichtiger Finanzierungshintergrund”
Nachdem das Umweltamt Vorpommern einen beschleunigten Genehmigungsprozess durchgeführt hatte, wurden die Vorwürfe der Gemeinde Binz gegenüber der Betreiberfirma ReGas, einschließlich Verdachtsmomente auf Geldwäsche, nicht weiter verfolgt. Die Staatsanwaltschaft Rostock lehnte es ab, den Anschuldigungen nachzugehen, und ein Gericht untersagte einem Rechtsanwalt der Gemeinde, weitere Behauptungen über die finanziellen Hintergründe der ReGas zu verbreiten.
Milliardengarantie für eine “Blackbox”
Kurz vor der Erteilung von Genehmigungen berichtete das Handelsblatt über ein komplexes Netzwerk hinter der Deutsche ReGas, welche von vielen als “Blackbox” angesehen wird. Dazu gehören Firmen wie die niederländische Reederei Anthony Veder Shipping und die Opus Holding, die in verschiedenen Branchen tätig sind. Einigen Berichten zufolge wurde die Grundwerte Verwaltungs GmbH, eine Gesellschaft der ReGas, von den Cayman-Inseln nach Deutschland verlegt.
Das Bundeswirtschaftsministerium versprach, die Zuverlässigkeit von ReGas zu prüfen, doch Maßnahmen blieben anscheinend aus. Stattdessen förderte die Regierung das Terminal mit einer Milliardengarantie.
Umweltfrevel für Profit
Das Vorgehen der Regierung im Bereich der Energiepolitik, darunter die Unterstützung umstrittener Projekte trotz potenzieller Umweltschäden und die Nichtaufklärung des Anschlags auf die Nordstream-Pipeline, lässt vermuten, dass es weniger um Missmanagement als vielmehr um profitorientiertes Kalkül geht. Wie Karl Marx bemerkte, scheut das Kapital kein Verbrechen, wenn es um Profit geht. Umweltschutz und soziale Gerechtigkeit scheinen in solchen Fällen nur für die breite Masse zu gelten.
Weiterführendes Thema – Studie: LNG schlechter für die Umwelt als Kohle