Deutschlands neue Verteidigungsstrategie angesichts wachsender Bedrohungen

Die deutsche Bundesregierung hat die Strategie zur Gesamtverteidigung grundlegend überarbeitet. Basis dieser Revision ist die “Rahmenrichtlinie für die Gesamtverteidigung” von 1989. Ein Sprecher des Innenministeriums betonte: “Die Überarbeitung dieser Richtlinien ist ein wichtiger Schritt zur Stärkung der nationalen Sicherheit.”

Die Situation in Europa habe sich laut Innenministerin Nancy Faeser (SPD) durch die russische Aggression deutlich verändert. Das Bundeskabinett hat die neuen Richtlinien, die die 35 Jahre alten Bestimmungen ablösen, kürzlich gebilligt.

“Seit dem Beginn der Rahmenrichtlinie Gesamtverteidigung im Jahre 1989 hat sich das sicherheitspolitische Klima Deutschlands grundlegend gewandelt”, wird in dem 81-seitigen Dokument erklärt. Nach dem Ende des Kalten Krieges wurden zahlreiche Verteidigungsstrukturen reduziert. Die jüngsten Ereignisse in der Ukraine zeigen jedoch, dass Deutschland militärisch wieder bedroht ist.

Wehrpflicht, Planwirtschaft, Zwangsarbeit, Lebensmittelrationen

Der aktualisierte Verteidigungsplan beinhaltet verschiedenste Maßnahmen, darunter eine Wiedereinführung der Wehrpflicht. Unternehmen könnten verpflichtet werden, ausschließlich Kriegsmaterial zu produzieren. Außerdem is eine Evakuierung bestimmter Gebiete vorgesehen, und U-Bahn-Stationen oder Tiefgaragen könnten zu Notunterkünften umgewandelt werden.

Die Überarbeitung zeigt auch die Auswirkungen der NATO-Osterweiterung und betrachtet Deutschland als strategischen Knotenpunkt in der Mitte Europas, nicht mehr als Frontstaat, erklärt das Innenministerium.

Zur Vermeidung von Engpässen in der Nahrungsmittelversorgung im Krisenfall könnten staatliche Eingriffe in die Lebensmittelkette notwendig werden. Dazu zählt das Anlegen von Getreidevorräten an geheimen Orten und die Schaffung einer Notreserve aus Reis, Hülsenfrüchten und Kondensmilch. In den Städten soll die Bevölkerung im Notfall zumindest eine warme Mahlzeit täglich erhalten.

Darüber hinaus könnten die Bürgern aufgefordert werden, sich zunächst selbst zu versorgen und im Rahmen ihrer Möglichkeiten Nachbarschaftshilfe zu leisten.

Bürger könnten darüber hinaus zu bestimmten zivilen Tätigkeiten herangezogen werden, wie als Krankenpfleger oder Bäcker. Krankenhäuser müssen sich auf einen möglichen Ansturm von Patienten vorbereiten.

Pistorius: Deutschland sollte sich auf einen möglichen Krieg mit Russland bis 2029 vorbereiten

Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) sagte, die Pläne reflektierten eine gestiegene Sicherheitsbedrohung. “Die Gesamtverteidigung Deutschlands erfordert unseren vollen Einsatz. Dies schließt staatliche wie zivile Einrichtungen und jeden Einzelnen mit ein. Unsere Gesellschaft muss widerstandsfähig und in der Lage sein, den Herausforderungen zu begegnen”, erklärte Pistorius.

Am selben Tag seiner Rede im Bundestag kündigte Pistorius an, dass Deutschland sich auf einen Krieg mit Russland vorbereiten müsse und bis 2027 kriegsbereit sein sollte. Dies würde eine neue Form der Wehrpflicht erfordern, die er bald vorschlagen will.

NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg sieht hingegen keine “unmittelbare militärische Bedrohung” für die NATO-Staaten und findet die Idee eines unvermeidlichen Kriegs mit Russland unbegründet. Noch kürzlich bezeichnete der russische Präsident Wladimir Putin die Vorstellung, Russland bereite einen Angriff auf die NATO vor, als “Schwachsinn”.

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