Boris Pistorius plant Neukonzeption der Wehrpflicht bis Ende Mai

Der deutsche Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius plant, bis Ende Mai einen Vorschlag zur möglichen Wiedereinführung der Wehrpflicht in Deutschland zu unterbreiten. Dies bestätigte er nach Beratungen mit seinem kanadischen Amtskollegen Bill Blair in Ottawa. Intern soll der Vorschlag zunächst diskutiert werden, berichtet das Magazin Welt am Sonntag (WamS).

Laut WamS evaluiert Pistorius derzeit drei verschiedene Modelle einer potenziellen Wehrpflicht, wobei jeder Jahrgang in Deutschland etwa 750.000 Jugendliche umfasst. Der Bedarf der Bundeswehr wird auf etwa 30.000 bis 40.000 Rekruten pro Jahr geschätzt.

Option 1: Optimierung des freiwilligen Wehrdienstes

Die erste Option sieht keine zwingende Wehrpflicht vor, sondern fokussiert sich darauf, das Potenzial des freiwilligen Wehrdienstes vollständig auszuschöpfen. Alle 18-jährigen Staatsbürger sollen Informationsmaterial der Bundeswehr erhalten und die Möglichkeit haben, einen Online-Fragebogen zu ihrer physischen und psychischen Eignung sowie ihrer Motivation zu beantworten. Interessierte erhalten dann eine individuelle Beratung und eine Potenzialanalyse. Eine Gesetzesänderung ist hierfür nicht notwendig, es würde lediglich eine Struktur für die Durchführung und Auswertung der Fragebögen benötigt. Allerdings bezweifelt das Ministerium, dass diese Lösung genügend Bewerber anziehen wird.

Option 2: “Grundgesetzkonforme Auswahlwehrpflicht”

Die zweite Option umfasst die Einführung einer Auswahlwehrpflicht, die verfassungskonform gestaltet ist. Männer würden verpflichtet, den Online-Fragebogen auszufüllen und könnten gemustert werden, während Frauen weiterhin freiwillig angeschrieben werden. Die Idee wird mit der Notwendigkeit eines Anreizmodells zur Förderung der Akzeptanz verbunden. Die Wiedereinführung einer selektiven Wehrpflicht würde, laut Planern, international ein starkes politisches Signal setzen. Diese Maßnahme würde die Bedürfnisse der Bundeswehr abdecken und erfordert lediglich eine Anpassung des bestehenden Wehrpflichtgesetzes, jedoch keine Verfassungsänderung.

Option 3: “Geschlechterneutrale Wehrpflicht” – Dienstpflicht für alle

Die dritte und weitreichendste Option wäre eine geschlechterneutrale Wehrpflicht, bei der sowohl Männer als auch Frauen ab dem 18. Lebensjahr den Dienst antreten müssten. Dies könnte in einem nächsten Schritt zu einer allgemeinen Dienstpflicht führen, die auch zivile Dienste wie Feuerwehr, Sanitätsdienste oder das Technische Hilfswerk umfassen könnte. Dies würde die Wehrgerechtigkeit verbessern und eine breitere gesellschaftliche Beteiligung sicherstellen. Diese Option erfordert allerdings eine Verfassungsänderung und einen erheblichen gesetzgeberischen Aufwand.

Obwohl Minister Pistorius die Planungen als noch nicht ausgereift betrachtet und eine Überarbeitung fordert, könnte er mit diesen Vorschlägen auf die Unterstützung der oppositionellen Union zählen, besonders wenn er sich für die Optionen zwei oder drei entscheidet. Derzeit lehnen die drei Ampelparteien die Wiedereinführung der Wehrpflicht mehrheitlich ab, und auch Bundeskanzler Olaf Scholz hat sich klar gegen die Wehrpflicht ausgesprochen.

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