Die Ergebnisse der neuesten Sommerumfrage der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK) offenbaren eine besorgniserregende Entwicklung: Deutsche mittelständische Unternehmen, die als tragende Säule der Wirtschaft gelten, verlieren zunehmend das Vertrauen in den Standort Deutschland. Besonders energieintensive Betriebe reduzieren ihre Investitionen im Inland erheblich. Etwa 75 Prozent dieser Unternehmen sehen die hohen Energiepreise als beträchtliches Geschäftsrisiko an.
Die Umfrage zeigt weiterhin, dass 20 Prozent der deutschen Firmen einen Personalabbau planen und 37 Prozent der Mittelstandsunternehmen aufgrund der hohen Energiekosten ihre Investitionen lieber im Ausland tätigen. Fast ein Drittel der Firmen bezeichnet ihre wirtschaftliche Situation als „schlecht“.
„Das sind alarmierende Anzeichen einer schrittweisen Deindustrialisierung“, kommentiert Martin Wansleben, Geschäftsführer der DIHK, die Umfrageergebnisse.
Als Ursache dieser Entwicklung gilt vor allem eine unzulängliche Wirtschafts- und Energiepolitik. Der Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck treibt eine Energiewende voran, die momentan aufgrund fehlender Technologien noch nicht vollständig umsetzbar ist. Habeck insistiert zudem auf den Aufbau einer Wasserstoffinfrastruktur, obwohl die dafür benötigte Wasserstoffproduktion bei Weitem nicht ausreicht, was die deutsche Wirtschaft stark gefährdet.
Darüber hinaus sehen sich nicht nur KMUs, sondern auch große, traditionsreiche deutsche Unternehmen gezwungen, ihre Aktivitäten in profitablere Regionen zu verlagern. Ein aktuelles Beispiel ist der Chemiekonzern BASF, der bevorzugt in China investiert. Eine Unternehmenssprecherin erklärte gegenüber der Berliner Zeitung, dass obwohl in nächster Zeit Investitionen von zwei Milliarden Euro in Deutschland geplant sind, diese im Vergleich zu zehn Milliarden Euro für eine neue Anlage in China relativ gering ausfallen. Über den genauen Zeitrahmen dieser Investitionen in Deutschland gab sie keine Auskunft.
Die Sprecherin betonte, dass viele komplexe Überlegungen hinter den Investitionsentscheidungen stehen, darunter auch die Energiekosten. Dabei sei China, als größter Chemiemarkt der Welt, für BASF attraktiver als Deutschland.
„Wir kämpfen nicht nur mit einer vorübergehenden Wirtschaftsschwäche, sondern mit tiefergehenden strukturellen Problemen“, sagt Stefan Wolf, Präsident des Arbeitgeberverbandes Gesamtmetall, und bestätigt damit, dass der Prozess der Deindustrialisierung bereits im Gange ist.
Die OECD weist ebenfalls auf umfassende Mängel hin, wie etwa die marode Infrastruktur und den großen Rückstand bei der Digitalisierung. Ein umfangreiches Investitionsprogramm zur Überwindung dieser Defizite scheint unwahrscheinlich. Weder Finanzminister Christian Lindner noch die CDU-Opposition möchten von der Schuldenbremse abweichen, die tatsächlich eine Bremse für notwendige Investitionen darstellt. Lindner fokussiert sich auf den „Bürokratieabbau“ und verkennt damit die Dimension des strukturellen Problems in Deutschland.
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