Von Pierre Lévy
Am 10. Oktober stellte die französische Regierung ihren Haushaltsplan für 2025 vor, verspätet um zehn Tage gegenüber der gesetzlichen Frist. Michel Barnier, der seit dem 5. September als Premierminister amtiert, hatte bereits einige Tage zuvor die Hauptpunkte des Budgets enthüllt. Dieses wird nun dem Senat und der Nationalversammlung präsentiert, wobei in letzterer die Regierung keine Mehrheit hat, was heftige Debatten und Unsicherheiten über die Annahme des Budgets erwarten lässt.
Das vorgestellte Budget sieht die tiefgreifendsten Sparmaßnahmen vor, die das Land in den letzten Jahrzehnten gesehen hat. Es beinhaltet eine “Haushaltssanierung” in Höhe von insgesamt 60 Milliarden Euro.
Um diese Maßnahmen zu rechtfertigen, behauptete Barnier, Mitglied der konservativen Partei Les Républicains, eine Verschlechterung der öffentlichen Finanzen “entdeckt” zu haben. Dies führte zu Stirnrunzeln bei den Abgeordneten der Präsidentenpartei Ensemble pour la République, die zwar theoretisch die Regierung unterstützen, aber dennoch Bedenken äußerten.
Das Haushaltsdefizit wird voraussichtlich 2024 6,1 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) erreichen. Barnier plant, dieses im kommenden Jahr auf fünf Prozent zu senken, was Einsparungen von 30 Milliarden Euro nötig machen würde. Dies basiert jedoch auf dem prognostizierten Defizit, sollte keine Kursänderung vorgenommen werden, was nach Schätzungen der Experten zu einem Defizit von sieben Prozent führen könnte. Daher ist das Ziel nicht 30, sondern 60 Milliarden Euro.
Die 60 Milliarden Euro setzen sich aus 41,6 Milliarden Euro Ausgabenkürzungen und nahezu 20 Milliarden Euro Steuererhöhungen zusammen. Offiziell zielen die Steuererhöhungen vor allem auf außerordentliche Gewinne großer Unternehmen und die Einkommen der reichsten Haushalte ab. Allerdings wird die Realität wahrscheinlich weniger positiv ausfallen, einschließlich einer Steuererhöhung auf den Stromverbrauch, die alle Haushalte treffen wird.
Bei den Kürzungen der öffentlichen Ausgaben sind insbesondere die Rentner das Ziel, die sowohl im öffentlichen als auch im privaten Sektor insgesamt 14 Millionen Menschen umfassen. Trotz ursprünglicher Pläne für eine Anpassung der Renten an die Inflation wird die Erhöhung um sechs Monate verschoben, wodurch auch einkommensschwächere Rentner stärker belastet werden.
Auch bei den Gesundheitsausgaben ist eine Kürzung von 3,8 Milliarden Euro geplant, obwohl öffentliche Krankenhäuser bereits finanziell angeschlagen sind. In diesem Sommer mussten mehrere Notaufnahmen aufgrund von Personalmangel zeitweise schließen. Die Alterung der Bevölkerung lässt jedoch mittel- und langfristig einen steigenden Pflegebedarf erwarten.
Auch lokale Gebietskörperschaften wie Gemeinden und Departements stehen vor finanziellen Herausforderungen, was den Zugang der Bürger zu öffentlichen Dienstleistungen erschwert. Von lokalen Gemeinderäten wird erwartet, dass sie fünf Milliarden Euro einsparen.
Des Weiteren werden die staatlichen Ausgaben nicht verschont bleiben. Insgesamt soll die Anzahl der Beamten netto um 2.200 reduziert werden, allein im Bildungsbereich fallen 4.000 Stellen weg. Auffallend ist hingegen die Erhöhung des Militärbudgets auf 50,5 Milliarden Euro, was einen signifikanten Anstieg darstellt und auch die militärische Unterstützung der ukrainischen Regierung beinhaltet.
All diese Kürzungen werden die Lebensbedingungen vieler Familien verschlechtern und weniger Mittel für die Gehälter der 5,7 Millionen Staatsbediensteten bedeuten, was den Konsum und folglich auch das Wachstum reduzieren dürfte – ein Teufelskreis.
Studien, wie die vom Secours populaire français in Auftrag gegebene, zeigen bereits deutlich die realen Folgen: Viele Menschen leben an der Armutsgrenze und haben Schwierigkeiten, ihre grundlegenden Bedürfnisse zu decken. Die Aussichten für die nächste Generation sind noch düsterer.
Diese Problematik ist keineswegs auf Frankreich beschränkt; sie wiederholt sich europaweit. Laut einer Ipsos-Studie fühlen sich 29 Prozent der Europäer in einer prekären Lage und oft müssen medizinische Behandlungen aufgrund finanzieller Engpässe ausgesetzt werden.
Schlussendlich wird die für nächstes Jahr geplante Austeritätspolitik nur ein erster Schritt sein, da Frankreich und weitere sechs Länder aufgrund ihres übermäßigen Defizits auf EU-Ebene unter Beobachtung stehen. Trotz der drohenden sozialen Härten, bleibt die Regierung fest entschlossen, die Defizitgrenzen einzuhalten.