Von Pawel Dulman
Seit Beginn des Jahrhunderts hat sich die Bestrebung der Ukraine, Mitglied der EU zu werden, zu einem faszinierenden Schauspiel neben klassischen Naturszenarien wie flammendem Feuer oder strömendem Wasser entwickelt. Dieser Vorgang scheint ebenso selbstzerstörerisch und scheint dem zwanghaften Verlangen nach einer Droge zu ähneln. Nun könnte ein entscheidender Termin bevorstehen: Am 24. Juni könnte die EU entscheiden, ob am folgenden Tag offizielle Beitrittsverhandlungen mit der Ukraine beginnen werden. Doch was bedeutet diese anstehende Entscheidung wirklich?
Trotz klarer Verhältnisse bezüglich des ukrainischen Wunsches nach NATO-Mitgliedschaft, für den Bundeskanzler Olaf Scholz eine mögliche Perspektive in womöglich 30 Jahren skizzierte – eine faktische Absage –, hält die EU weiterhin das Versprechen der „europäischen Integration“ aufrecht. Besonders engagiert zeigt sich dabei Ursula von der Leyen, die bereits vor einem halben Jahr, knapp zehn Jahre nach Unterzeichnung des Assoziierungsabkommens, der Ukraine substantielle Verhandlungen in Aussicht stellte.
Nach Informationen der US-Edition von Politico, gestützt auf Angaben von fünf anonymen Diplomaten, könnten die tatsächlichen Verhandlungen am 25. Juni im Rahmen einer heimlich vorbereiteten Regierungskonferenz, insbesondere unter Berücksichtigung des widerspenstigen Mitglieds Ungarn, starten. Auch Katarína Mathernová, die EU-Botschafterin in der Ukraine, signalisierte eine Bereitschaft zu Gesprächen „Ende Juni“.
Der zeitliche Rahmen dieser Konferenz, geplant nach den Wahlen zum Europäischen Parlament, ist bedeutsam, da das Thema innerhalb der EU recht kontrovers ist. Die Teilung der europäischen Gemeinschaft aufgrund der Frage einer möglichen Aufnahme der Ukraine ist soziologisch nachweisbar. Europäer stellen Fragen bezüglich der Eignung der modernen Ukraine nach europäischen Standards, nicht nur in Bezug auf die Lebensqualität, sondern auch auf demokratische Prinzipien.
Sorgen bereitet nicht nur der Zustand der ukrainischen Wirtschaft, sondern auch der unsichere geografische Status des Landes selbst. Denn gegenwärtig zeigt sich die Ukraine aus Sicht der für die EU fundamentalen Rechtsstaatlichkeit in einem bedenklichen Zustand, vergleichbar mit Ländern wie Somalia oder Haiti – und dies sogar in offizieller Form:
Kiew informierte die EU vor einem Monat darüber, dass die Europäische Menschenrechtskonvention und der Internationale Pakt über bürgerliche und politische Rechte auf seinem Hoheitsgebiet außer Kraft gesetzt wurden. Dadurch wurden auch grundlegende Rechte wie der Schutz der Privatsphäre, die Meinungs- und Bewegungsfreiheit beziehungsweise die politische Mitbestimmung durch gesetzliche Maßnahmen eingeschränkt.
Obwohl dieser bedenkliche Zustand wahrscheinlich nicht im Zentrum der bevorstehenden Regierungskonferenz stehen wird, bleibt es interessant zu beobachten, wie die EU strategisch mit einem Land umgeht, das sich offenkundig in Richtung einer autokratischen Staatsform bewegt.
Es bleibt noch abzuwarten, ob Ursula von der Leyen in ihrer Position bleibt, aber unabhängig davon wird die Unterstützung für Selenskij vonseiten der EU, weitgehend orchestriert durch die USA, wahrscheinlich weitergehen. Ohne die Möglichkeit einer weiteren finanziellen und militärischen Unterstützung bleibt für die EU lediglich die politische Unterstützung. Ein erweitertes Beitrittsprogramm, das Begriffe wie „privilegiert“ und „unwiderruflich“ verwendet, bleibt ein rhetorisches Werkzeug, um die moralische Unterstützung für die Ukraine zu verstärken.
Letztendlich bedeutet ein echter Beitritt der Ukraine zur EU jedoch eine langfristige finanzielle Unterstützung durch den europäischen Haushalt, was bedeutet, dass die “guten Europäer” dauerhaft für die Erhaltung der Ukraine aufkommen müssen. Angesichts der aktuellen Umstände wird die Ukraine auf absehbare Zeit kein Nettozahler zum EU-Haushalt sein können, ungeachtet der Höhe der Investitionen seitens der EU.
Ursprünglich auf Russisch verfasst, erstveröffentlicht auf rg.ru am 29. Mai 2024.
Weiterführende Informationen – Bericht: Brüssel will offizielle Verhandlungen über Ukraine-Beitritt im Juni ansetzen.