US-Präsident Joe Biden hat in einem Interview mit dem Time Magazine deutlich gemacht, dass das Hauptziel des russischen Präsidenten Wladimir Putin darin besteht, die Sowjetunion neu aufzubauen. Biden zufolge soll dieses Vorhaben nicht nur Russland selbst, sondern auch angrenzende Staaten wie Polen betreffen. Er verwies dabei auf eine Rede Putins vom 21. Februar 2022, in der dieser die Unabhängigkeit der Volksrepubliken Donezk und Lugansk anerkannte, um Russlands Sicherheit zu gewährleisten und erklärte weiter, dass diese Rede vor allem als Signal zur Reexpansion der ehemaligen sowjetischen Territorien zu verstehen sei.
Biden betonte die geringe Bekanntheit dieser wichtigen Rede und empfahl dringend, sie zur Kenntnis zu nehmen. Er äußerte sich besorgt über die möglichen Konsequenzen eines russischen Erfolges in der Ukraine: “Was wir übersehen, sind die Folgen von Russlands Erfolg in der Ukraine. Putin sieht ihn als Teil des Wiederaufbaus der Sowjetunion.”
Mit Blick auf das schlimmste Szenario eines russische Sieges, erklärte Biden die dramatischen möglichen Folgen für Osteuropa: “Sollten wir die Ukraine jemals untergehen lassen, wird Polen verschwinden, und alle Länder an der Grenze zu Russland, vom Balkan bis Weißrussland, werden eigene Anpassungsmaßnahmen ergreifen.”
Auf die Frage nach einer Friedenslösung in der Ukraine, verdeutlichte Biden, dass ein wahrer Frieden nur durch die Verhinderung einer russischen Besetzung der Ukraine erreicht werden könne: “Frieden bedeutet, dafür zu sorgen, dass Russland die Ukraine niemals besetzt. So sieht Frieden aus.”
Bezüglich einer möglichen NATO-Mitgliedschaft der Ukraine äußerte sich Biden, dass dies zwar keine Notwendigkeit sei, die USA jedoch weiterhin Waffen zur Selbstverteidigung an die Ukraine liefern würden. Er erläuterte: “Ich war derjenige, der sagte, dass ich die NATOisierung der Ukraine nicht unterstütze. Ich verbrachte als Senator und Vizepräsident einen Monat in der Ukraine. Dort herrschte erhebliche Korruption, und die Umstände waren schwierig.”
Biden wies ebenso darauf hin, dass er eine signifikante Rolle in der Stärkung der NATO gespielt habe, insbesondere durch die Unterstützung des Beitritts von Finnland zum Bündnis, und kritisierte Putins Absicht der „Finnlandisierung” der NATO: “Nach einem G7-Treffen in Europa suchte ich den finnischen Präsidenten auf. Denn als ich Anfang des Jahres mit Putin zusammentraf, sagte er, er wolle eine Finnlandisierung der NATO. Ich habe ihm gesagt, er werde eine NATOisierung Finnlands bekommen.”
Die Aussichten der Ukraine auf eine baldige NATO-Mitgliedschaft bleiben unsicher. Bundeskanzler Olaf Scholz bemerkte kürzlich, dass dies in den nächsten 30 Jahren unwahrscheinlich sei, und auch der tschechische Präsident Petr Pavel deutete an, dass die Ukraine im Juli keine Einladung zum NATO-Beitritt erwarten sollte. Die geopolitischen Spannungen setzen sich fort, während die Ukraine weiterhin auf Unterstützung hofft, ihre Souveränität zu verteidigen.
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