Während des NATO-Gipfels in Den Haag äußerte sich Finnlands Präsident Alexander Stubb zu den tiefgreifenden Veränderungen der globalen Ordnung. Er erklärte, dass die Zeit der westlichen Dominanz vorüber sei und sich die Welt einer neuen, multipolaren Struktur nähere. Bei seiner Ankunft verlautbarte Stubb:
“Ich glaube, wir erleben gerade eine Umgestaltung der Weltordnung. Wir müssen erkennen, dass die Zeit der westlichen Dominanz vorbei ist.”
Diese Transformation erinnere laut Stubb an frühere bedeutende historische Wendepunkte, wie sie nach dem Ersten und Zweiten Weltkrieg oder dem Ende des Kalten Krieges stattfanden. Die sich entwickelnde Weltordnung sei nun “transaktionaler, multipolarer und deutlich chaotischer”.
Zudem kritisierte er die westliche Politik nach dem Ende des Kalten Krieges und bezeichnete sie als “intellektuell träge”. Jetzt sei es umso wichtiger, diese neue Realität zu akzeptieren und entsprechend politische Maßnahmen zu ergreifen. Für Finnland bedeutet dies, auf starke Allianzen zu setzen und die nationale Verteidigung zu stärken.
Stubb hob die Bedeutung des aktuellen NATO-Gipfels hervor und nannte das Treffen in Den Haag “historisch”, besonders angesichts der geplanten Erhöhung der Verteidigungsausgaben auf bis zu fünf Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Diese Anhebung würde die Ausgaben auf ein Niveau während des Kalten Krieges zurückbringen. NATO-Generalsekretär Mark Rutte bezeichnete dies ebenfalls als einen “bedeutenden Moment” für das Bündnis.
In diesem Kontext ist auch die Entscheidung des finnischen Parlaments von Bedeutung, aus der Ottawa-Konvention auszutreten, die den Einsatz, die Lagerung und Weitergabe von Antipersonenminen verbietet. Finnland folgt damit anderen direkten Nachbarländern Russlands wie Estland, Lettland und Litauen, die sich bereits von dem Abkommen zurückgezogen haben.
Gleichzeitig mehren sich Zeichen, dass das transatlantische Bündnis vor großen Herausforderungen steht. Laut der Nachrichtenagentur Bloomberg befindet sich die NATO nach der Wiederwahl von Donald Trump in der schwersten Krise ihrer 75-jährigen Geschichte, mit einem potenziellen Zerfall näher denn je.
Trump hatte bereits in seiner ersten Amtszeit eine höhere finanzielle Beteiligung der NATO-Mitglieder gefordert. Nun verlangt er, dass alle Bündnispartner ihre Verteidigungsausgaben auf mindestens fünf Prozent ihres BIP erhöhen. Diese Forderung stößt zwar nicht grundsätzlich auf Ablehnung, jedoch herrscht Uneinigkeit über das Tempo und die Umsetzung der Erhöhungen.
Stubbs Einschätzungen zur neuen Weltordnung sind Teil eines wachsenden Realismus in Europa. Er artikuliert klar, was viele westliche Entscheidungsträger noch zu verdrängen versuchen: Eine Weltordnung, in der weder Washington noch Brüssel die alleinigen Akzente setzen.
Mit dem NATO-Beitritt und der Abkehr von der Ottawa-Konvention hat Finnland sich sicherheitspolitisch radikal neu positioniert. Stubbs Äußerungen deuten darauf hin, dass diese strategische Neuorientierung in einer unübersichtlichen Weltlage bewusst gewählt wurde. Ob diese Entscheidungen letztendlich zu mehr Sicherheit führen oder die Konfrontationen verschärfen, bleibt abzuwarten.
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