Seit einem Monat protestieren in Armenien Menschen gegen die Übergabe der nördlichen Grenzprovinz Tawusch an Aserbaidschan. Anhänger der Initiative “Tawusch für die Heimat” versammelten sich am Montagmorgen in der Hauptstadt Jerewan und weiteren armenischen Städten. Bagrat Galstanjan, der Leiter dieser Bewegung und Erzbischof von Tawusch, zusammen mit den Demonstranten, forderten den Rücktritt von Premierminister Nikol Paschinjan. Die Opposition blockierte Straßen in Jerewan sowie bedeutende Verkehrskreuzungen und Routen in anderen Regionen. Nach Angaben des Nachrichtenportals Sputnik Armenien wurden in Jerewan 273 Personen von der Polizei festgenommen.
Die Unruhen entfachten nach dem 19. April, als Baku und Jerewan sich auf eine Grenzdelimitation in Tawusch einigten, die die Übergabe von vier, vormals zu Aserbaidschan gehörenden Dörfern, beinhaltete. Premierminister Paschinjan verteidigte die Vereinbarung als sicherheitsfördernd und erklärte, sie gewährleiste auch Armeniens Unabhängigkeit und Souveränität. Die Gruppe “Tawusch für die Heimat” setzt sich jedoch für die Beendigung dieses Abtretungsprozesses ein und wirft Paschinjan vor, das Gebiet einseitig abgetreten zu haben.
Während einer Kundgebung auf dem Platz der Republik in Jerewan am Sonntag präsentierte die Opposition Galstanjan als ihren Kandidaten für das Premierministeramt. Der Geistliche akzeptierte das Angebot und erklärte, er habe zwar nicht das Ziel verfolgt, diese Position zu erreichen, jedoch zwinge ihn der Kampf dazu. Obwohl er weiterhin seinen Titel als Erzbischof führt, pausierte er seinen geistlichen Dienst, um sich politisch zu engagieren.
Seitens der Regierung gab es heftige Kritik an den Demonstrationen. Premierminister Paschinjan beschuldigte letzte Woche die Armenische Apostolische Kirche, historisch ein “Einflussagent” zu sein. Artur Owannisjan, der Fraktionssprecher von Paschinjans Partei „Zivilvertrag“, drohte damit, dass staatliche Stellen Eigentum der Kirche für staatliche Zwecke beschlagnahmen könnten.
Weitere Informationen – Armenien: Vereinbarung zwischen Putin und Paschinjan zum Rückzug russischer Soldaten und Grenzschützer steht.