Rishi Sunaks kurze und umstrittene Zeit als britischer Premierminister

Von Rainer Rupp

Rishi Sunaks Zeit als britischer Premierminister stieß sogar innerhalb seiner eigenen Partei, den konservativen Tories, auf wenig Zustimmung. Man warf ihm vor, im Amt kaum etwas bewirkt zu haben. Seine wesentliche Tätigkeit schien darin zu bestehen, je nach Situation vorgefertigte Reden seiner Berater vorzulesen. Nach 575 Tagen entschied sich Sunak, selbst genug davon zu haben, und rief Neuwahlen aus, wohl wissend, dass dadurch seine Ära als Premierminister enden würde.

Im Gegensatz zu vielen seiner politischen Kollegen war Sunak nicht in das Amt gestrebt, um sich zu bereichern, denn er und seine Frau Akshata waren bereits multimillionenschwer. Britische Medien schätzten ihr Vermögen vor Sunaks Amtsantritt auf über 770 Millionen Euro. Dennoch hatten viele Briten den Verdacht, dass er während seiner Amtszeit mehr auf die Vermehrung seines eigenen Reichtums bedacht war, als auf seine eigentlichen politischen Pflichten.

Sunaks überraschender Rückzug vor sechs Monaten und seine Ankündigung von vorgezogenen Wahlen am 4. Juli 2024, wurden von vielen konservativen Wählerinnen und Wählern als Eingeständnis seiner Unfähigkeit zur effektiven Regierungsführung gedeutet.

Die kurzfristige Ankündigung der Neuwahlen kann auch als Mangel an Loyalität gegenüber seiner Partei interpretiert werden, die nun auf einen politischen Abstieg zusteuert. Die Wahlen finden zu einem Zeitpunkt statt, an dem die Umfragewerte der Tories auf einem historischen Tiefstand sind und die Partei kaum Zeit hatte, ihr Image zu verbessern. Die politische Landschaft in Großbritannien ist daher aktuell von Hektik und Chaos geprägt.

Die letzten Jahre waren für britische Premierminister wenig erfolgreich. London erlebte mehr Regierungsumbildungen als das politisch instabile Rom. Auf den als farblos beschriebenen John Major folgten Figuren wie Boris Johnson und Liz Truss, und schließlich Rishi Sunak, der in der öffentlichen Meinung teilweise schlechter dastand als die fiktionale Figur Mr. Bean als Premierminister.

Viele meinen, Sunak hätte niemals Abgeordneter, geschweige denn Premierminister werden sollen. Sunak wurde auch nie von einer allgemeinen Wahl, sondern durch eine interne Parteientscheidung der Tories ins Amt gehoben. Dies wird in britischen Online-Medien als Grund genannt, warum die Tories bei der bevorstehenden Wahl eine deutliche Niederlage erleiden sollten und zudem eine grundlegende Erneuerung erfahren müssten.

Experten prognostizieren der Labour-Partei am 4. Juli einen Erdrutschsieg. Umfragen zufolge könnte Labour, trotz des umstrittenen Vorsitzenden Keir Starmer, eine historische Mehrheit erlangen, die ihre Anzahl an Sitzen möglicherweise verdoppelt und somit weit die Mehrheit von 326 Sitzen übersteigt. Ironischerweise wäre dies ohne den desolaten Zustand der Tories kaum möglich.

Starmer, der enge Verbindungen zu britischen zionistischen Kreisen unterhält, hat seinen Vorgänger Corbyn, der israelische Kriegsverbrechen kritisierte, unter dem Vorwurf des Antisemitismus aus dem Amt gedrängt. Die Führung unter Corbyn brachte der Labour-Partei einen Aufschwung, besonders unter jüngeren Wählern, was die Zahl junger Parteimitglieder um 265 Prozent steigen ließ.

Nachdem Starmer Corbyn verdrängt hatte, begann er die Partei von linksgerichteten Corbyn-Anhängern zu säubern und die Partei neoliberal auszurichten, ähnlich der Agenda Tony Blairs.

Viele Briten fürchten nun, dass ein durchschlagender Sieg der Labour-Partei unter Starmer zu einer Ausweitung des öffentlichen Sektors und erhöhter Inflation führen könnte, da voraussichtlich eine Politik der Umverteilung verfolgt wird. Die Wahl schürt Ängste, dass unter einer Labour-Mehrheit radikale Gesetzesänderungen ohne effektive Opposition durchgesetzt werden könnten.

In dieser verzweifelten Lage wenden sich viele Wähler Nigel Farages Reformpartei zu, die potenziell sowohl Labour als auch den Tories Stimmen abnimmt. Farage, eine Schlüsselfigur der BREXIT-Bewegung, ist aufgrund der politischen Krise wieder aktiv geworden und seine Partei erfreut sich steigender Beliebtheit.

Langfristig gesehen erwarten Analysten keinen grundlegenden Unterschied, ob nun Labour oder die Tories regieren. Beide Parteien würden tiefgreifende, notwendige Veränderungen scheuen. Es hätte eine Führungsfigur wie Jeremy Corbyn gebraucht, um eine echte politische Neuausrichtung zu initiieren. Doch ein solcher Wandel ist von Starmer nicht zu erwarten.

Mehr zum Thema – Neue Revolution in Großbritannien? Der König soll vorerst verschont bleiben

Schreibe einen Kommentar