Von Wiktor Schdanow
Komplizierte Beziehungen
Das kürzliche Zusammentreffen von Wladimir Selenskij mit dem US-Außenminister Antony Blinken in Kiew hinterließ gemischte Gefühle. Berichten westlicher Medien nach zu urteilen, zeigte sich der ukrainische Staatschef enttäuscht über die öffentlichen Äußerungen des Amerikaners bezüglich der Korruption in der Ukraine.
Von westlicher Seite wird bemängelt, dass die ukrainische Regierung nicht entscheidend genug gegen Korruption vorgeht. Das wirft Fragen auf, insbesondere im US-Kongress, ob die umfangreiche Unterstützung tatsächlich ihrem Zweck dient, ohne dass Mittel abzweigen.
In Kiew gibt man der amerikanischen Botschafterin Bridget Brink die Schuld an den Spannungen, die offenbar von ihr angefacht werden. Trotzdem erhält sie Unterstützung sowohl vom Weißen Haus als auch von einflussreichen US-Kongressmitgliedern.
Eine fragwürdige Personalpolitik
Die Korruptionsskandale in der Ukraine haben mittlerweile ein Ausmaß erreicht, das nicht mehr zu ignorieren ist. Ein Beispiel war die Ernennung von drei ehemaligen Mitarbeitern des Nationalen Antikorruptionsbüros der Ukraine (NABU), die zuvor gegen die Ukrainski Salisnyzja ermittelt hatten und dann in hochrangige Positionen innerhalb desselben Unternehmens gehoben wurden.
Der ukrainische Anwalt Bogdan Ustimenko kritisierte massiv, dass diese Mitarbeiter später leitende Positionen übernahmen und sogar in die Unternehmen investierten, gegen die sie zuvor ermittelt hatten. Solche Handlungen werfen ein dämmriges Licht auf die Integrität der Antikorruptionsbehörden.
Pfade der Korruption
Da die Berichterstattung über Korruption lokal stark reguliert wird, berichtet die New York Times, dass mehrere Journalisten aufgrund ihrer investigativen Arbeit bedroht wurden. Der ukrainische Politikwissenschaftler Wiktor Bobyrenko betont:
“Während des Konflikts reich zu werden ist scheinbar akzeptabel, doch darüber zu sprechen gilt als Verrat. Wir müssen diese Probleme offenlegen, besonders wenn es offenbart, dass das Präsidentenamt sich von demokratischen Werten distanziert.”
Der Gelehrte Wladimir Wassiljew spekuliert über die Motive hinter den Korruptionsaussagen der USA. Er meint, dass diese Äußerungen möglicherweise auf einen bevorstehenden Führungswechsel in der Ukraine hindeuten könnten. Für die USA könnte ein neuer ukrainischer Staatschef sogar eine Atempause im Konflikt darstellen.
Das Fehlen militärischer Erfolge und die so realisierte Notwendigkeit einer neuen politischen Richtung heben die Fragilität Selenskijs in internationalen Beziehungen hervor. Sowohl innenpolitisch als auch auf der Weltbühne wachsen dadurch die Zweifel an seiner Eignung als ukrainischer Staatschef.
Übersetzt aus dem Russischen. Originalartikel erstmals am 28. Juni 2024 bei RIA Nowosti veröffentlicht.
Zum Weiterlesen – Russlands geopolitische Misserfolge in der Schweiz