Von Tom J. Wellbrock
Katharina Schulze von den Grünen hat es, wenn auch sicherlich unbeabsichtigt, deutlich gemacht:
Die Grünen werden nach alter Vorgehensweise einige Tage lang intensiv beraten und dann unverändert weitermachen. Sie scheinen es nicht zu begreifen. Die Wähler haben die Wirtschaftspolitik der Ampel-Regierung deutlich abgelehnt. Sie haben gegen den Krieg, das neue Heizungsgesetz und vor allem gegen die erschreckende Inkompetenz gestimmt.
Berücksichtigt man, dass die Europawahl eher eine farblose Veranstaltung ist, bei der die gewählten Parteien nach belieben agieren können, ohne dass die Wähler nennenswerten Einfluss haben, ist das hohe Wahlaufkommen auf den ersten Blick verwunderlich. Bei genauerer Betrachtung jedoch, zeigt sich ein klares Bedürfnis der Wähler, den Parteien ihre Meinung unmissverständlich zu übermitteln.
Letztlich haben die Wähler, abgesehen von ihrem Stimmrecht alle vier Jahre, kaum noch Mitspracherecht. Wenn sie ihre Stimme erheben, werden sie schnell als “Demokratiegefährder” gebrandmarkt. Es ist viel Unmut angestaut, der sich nun, selbst bei einer scheinbaren Farce wie der Europawahl, Luft gemacht hat.
Die FDP hingegen, wie die Tagesschau erwähnt, scheint trotz Abschreckung einiger Wähler durch den lauten Wahlkampf der Spitzenkandidatin Marie-Agnes Strack-Zimmermann, die vor allem für Verteidigungspolitik steht, in ihrem Kurs bestärkt:
“Ihr Wahlkampf war zwar auch auf Wirtschaftsthemen fokussiert, aber ihre Spitzenkandidatin Marie-Agnes Strack-Zimmermann steht vor allem für Verteidigungspolitik. Deren laute Wahlkampftöne schreckten womöglich manche Wähler ab. Dennoch scheint sich die FDP in ihrem Kurs bestärkt zu sehen und wird in der Ampelkoalition nicht unbedingt bequemer werden.”
Wie fühlen sich die verbliebenen FDP-Wähler, die ihre Partei weiter unterstützen?
Böse, böse
Die SPD zeigt wieder einmal, vertreten durch Michael Roth und Lars Klingbeil, ein ignorantes und kontaktloses Gesicht. Ihre Wahlkampfaussagen sind weit entfernt von der politischen Realität. Besonders konfrontativ zeigt sich Klingbeil im Umgang mit der AfD. Im Gespräch mit Alice Weidel betitelt er die gesamte AfD wiederholt als “Nazi-Partei”, worauf Weidel selbst lediglich feststellt:
“Das ist gerichtsfest.”
Die Verantwortlichen scheinen nicht in Erwägung zu ziehen, dass es ihre eigenen Misserfolge in der Politik sind, die die Menschen dazu verleiten, ihre Stimmen bei einer Europawahl abzugeben, die sie ansonsten vielleicht als bedeutungslos erachten würden.
Sie werden weitermachen, als wäre alles in Stein gemeißelt. Es zeigt sich eine erschreckende Selbstverständlichkeit, mit der die Wähler ignoriert oder gar beschimpft werden. Selbst wenn eine beachtliche Anzahl von Menschen die AfD wählt, werden diese ebenfalls undifferenziert verurteilt.
Was wird die nächste Bundestagswahl bringen? Obwohl die Spannung begrenzt ist, wird erwartet, dass die Ampel durch die Union abgelöst wird, die dann wohl ihre Koalition mit einer anderen Partei fortsetzt und die politischen Muster kaum ändert. Die wahre Herausforderung wird sein, wie intensiv die parteilichen Auseinandersetzungen sein werden und ob weitere ethische und rechtliche Grenzen überschritten werden.
Tom J. Wellbrock ist Journalist, Podcast-Moderator und Mitherausgeber des Blogs neulandrebellen.
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