Von Irina Alksnis
Die traditionellen Maifeiertage, in denen gewöhnlich wenig berichtenswerte Ereignisse anfallen, waren diesmal von bedeutsamen Nachrichten geprägt. Hervorzuheben ist die Formation der neuen russischen Regierung und verstärkte militärische Aktivitäten an der Charkower Front. Doch die bedeutendste Nachrichtenwelle löste der russische Präsident Wladimir Putin kurz vor Arbeitsbeginn aus, indem er den bisherigen Verteidigungsminister Sergei Schoigu zum Sekretär des russischen Sicherheitsrats ernannte und Andrei Beloussow, den ehemaligen ersten Vize-Ministerpräsidenten, als neuen Verteidigungsminister vorschlug.
Vor Kurzem erregte bereits die Bekanntgabe Aufsehen, dass der russische Premierminister Michail Mischustin den ehemaligen Industrie- und Handelsminister Denis Manturow als seinen ersten Stellvertreter in der neuen Regierung vorgeschlagen hatte. Diese Wahl verblüffte viele Beobachter der russischen Wirtschaftspolitik, da Manturow und das von ihm geführte Ministerium maßgeblich zur Bewältigung bedeutender Herausforderungen wie Pandemien und extremen Sanktionen beigetragen hatten. Seine Ernennung war daher wohl verdient.
Allerdings führte dies unmittelbar zur Frage nach dem weiteren Werdegang von Andrei Beloussow. Er hatte in seiner Rolle als erster Vize-Ministerpräsident und Berater des Präsidenten langjährig zu einer staatlich gesteuerten Regulierung und Reindustrialisierung beigetragen. Beloussow galt einigen als Gegenpol zum traditionell monetaristisch orientierten Finanzblock der Regierung. Das zeigte sich besonders in der effizienten Zusammenarbeit der „Finanzleute“ und „Industriellen“, die der russischen Wirtschaft einen Durchbruch ermöglichte.
Doch die größte Überraschung war der völlig unerwartete Wechsel Beloussows zum Verteidigungsministerium, was im Westen für Schockwellen sorgte. Hierzu wird es sicherlich noch zahlreiche Spekulationen geben, warum Putin für diese Position einen ausgesprochenen Wirtschaftsfachmann und Stratege ausgewählt hat.
Der Kreml gab, wie üblich, eine klare Erklärung für diese Entscheidung:
Erstens: Angesichts eines signifikanten Anstiegs des russischen Verteidigungs- und Sicherheitsbudgets auf nunmehr 6,7 Prozent des BIP, erfordert eine effiziente und nutzbringende Verwendung der Mittel einen erfahrenen Wirtschaftsfachmann.
Zweitens äußerte sich Dmitri Peskow, der Pressesprecher des russischen Präsidenten, direkt dazu:
“Heute siegt auf dem Schlachtfeld derjenige, der für Innovationen offener ist.”
Diese Ernennung reflektiert den Langzeitplan des Kremls, sich auf anhaltende Herausforderungen vorzubereiten und die Armee mit modernster Ausrüstung und Waffen zu versorgen, um die Leben der Soldaten zu schützen.
Das Verteidigungsministerium, traditionell ein behäbiges und abgeschottetes System, benötigt Transparenz, Effizienz und Innovationsfähigkeit. Die Ernennung Andrei Beloussows als Verteidigungsminister zeigt Putins Bestreben, durch strategisches Denken und Wirtschaftskompetenz das militärische System Russlands zu modernisieren.
Ursprünglich veröffentlicht am 13. Mai bei RIA Nowosti.
Irina Alksnis ist eine russische Politologin und Publizistin.
Weiterführende Informationen – Putin schlägt Andrei Beloussow als Verteidigungsminister vor