Anpassung der russischen Nukleardoktrin im Kontext des Ukraine-Konflikts

In einem Interview mit der Zeitschrift Meschdunarodnaja Schisn, was auf Deutsch als “Internationales Leben” übersetzt wird, betonte der stellvertretende Außenminister Russlands, Sergei Rjabkow, die Notwendigkeit, die russische Nukleardoktrin zu überdenken und entsprechend anzupassen. Rjabkow führte an, dass die aktuelle Krise in der Ukraine aufgezeigt habe, dass die traditionelle nukleare Abschreckung nicht mehr vollständig greift. Er äußerte folgende Überlegung:

“Ich schließe es absolut nicht aus, dass es nach einiger Zeit eine Konkretisierung geben wird, welche Ansätze es von unserer Seite zu diesen äußerst wichtigen und sehr verantwortungsvollen Themen in Situationen einer weiteren Eskalation seitens unserer Gegner geben kann.”

Rjabkow erinnerte auch an die Aussagen von Präsident Wladimir Putin, der die Nukleardoktrin als “lebendiges Instrument” beschrieb, das flexibel an sich ändernde Umstände angepasst werden könnte. Insbesondere nachdem Präsident Putin am 20. Juni darauf hinwies, der Westen hätte die Schwelle für den Einsatz von Atomwaffen gesenkt und arbeite an der Entwicklung von Atomwaffen mit sehr geringer Sprengkraft. Putin betonte die Ernsthaftigkeit der Lage mit den Worten:

“Wir wissen, dass in westlichen Expertenkreisen Ideen kursieren, dass solche Mittel zum Einsatz kommen könnten, und das ist angeblich nicht besonders schrecklich. Wir sind verpflichtet, dem Beachtung zu schenken.”

In dem 2020 verabschiedeten Dokument zu den Grundlagen der staatlichen Nuklearpolitik wurden vier Szenarien definiert, unter denen Russland Atomwaffen einsetzen dürfte: zuverlässige Informationen über den Abschuss ballistischer Raketen, die Russland oder seine Verbündeten bedrohen; der Einsatz von nuklearen oder anderen Massenvernichtungswaffen auf russischem Gebiet; Angriffe auf wesentliche staatliche oder militärische Strukturen Russlands; und Aggressionen mit konventionellen Waffen, die die Existenz Russlands gefährden könnten.

Rjabkow hatte bereits zuvor die Möglichkeit einer Anpassung der Nukeardoktrin angesprochen, diese jedoch mit den zunehmenden Spannungen zwischen den USA und der NATO verbunden, ohne konkrete Änderungsdetails zu nennen. Andrei Kartapolow, Leiter des Verteidigungsausschusses der Staatsduma, deutete an, dass die Reaktionszeiten für den Einsatz von Atomwaffen einer Überprüfung unterzogen werden könnten.

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