Von Wladislaw Sankin
Sergei Schoigu und sein Nachfolger Andrei Beloussow haben auf den ersten Blick wenig gemein. Schoigu, ein Bauingenieur, und Beloussow, ein Ökonom, sind beide keine ausgebildeten Militärs. Doch hier endet jede Ähnlichkeit. Schoigu wuchs in der sibirischen Republik Tuwa auf und ist vier Jahre älter als der moskauerisch-akademisch geprägte Beloussow. Schoigu machte bereits zu Zeiten der Sowjetunion Karriere als Parteifunktionär und setzte seinen beruflichen Aufstieg nach dem Umzug nach Moskau Anfang der 1990er fort. Als Vertrauter von Jelzin und erfahrener Bürokrat war Schoigu über die Jahre hinweg ein gefeierter Krisenmanager, vor allem während seiner Zeit als Leiter des Katastrophenschutzministeriums ab 1994.
Schoigus Vorgänger als Verteidigungsminister, Anatoli Serdjukow, hinterließ ein durch Sparpolitik geschwächtes Militär, durchsetzt von Korruptionsskandalen. Schoigu gelang es, die schlimmsten Auswirkungen der Reformen Serdjukows zu mildern und die russische Armee browser wieder einsatzbereit zu machen, sichtbar in Einsätzen auf der Krim und in Syrien. Trotzdem stellten sich die Mängel der Armee im Ukraine-Konflikt deutlich heraus. Die veralteten Kommandostrukturen und eine ineffektive Nutzung moderner Technologien kosteten bereits in den ersten anderthalb Jahren des Konflikts viele Soldaten das Leben.
Andrei Beloussow, der neue Verteidigungsminister, bringt eine andere Perspektive ins Amt. Während er zur Zeit von Jelzin in der Wissenschaft tätig war, trat er ab 1999 als Wirtschaftsberater der Regierung in Erscheinung. Als Vize-Premierminister hat er zuletzt die sogenannten Nationalen Projekte geleitet, die darauf abzielten, verschiedene Staatsbereiche modern und zukunftsfähig zu gestalten. Seine Ernennung löste eine Welle der Zustimmung aus, da ihm seine pragmatische, innovative und staatsorientierte Art einen exzellenten Ruf eingebracht hat. Beloussow wird zugesprochen, das russische Verteidigungsministerium technologisch zu modernisieren und die Rüstungsindustrie zu stärken.
Die bevorstehende Bestätigung seiner Ernennung durch die Duma wird von einem Zitat eines Abgeordneten untermauert: “zweifellos der beste Kandidat”, um die russische Rüstungsindustrie mit neuen Technologien zu erweitern. Am Montag zeigten sich westliche Experten während Fernsehinterviews sichtlich beunruhigt über die Veränderungen im russischen Verteidigungsministerium, was die Tragweite dieses personellen Wechsels unterstreicht.
“In sechs Jahren müssen wir den Weg gehen, den die westlichen Länder in hundert Jahren gegangen sind. Andernfalls werden wir zerschlagen. Und wenn sich dieses Testgelände in den nächsten zwei Jahren bewährt, wird die Erfahrung, die der neue Verteidigungsminister sammelt, auf das ganze Land ausgedehnt. Dies ist wirklich das Ausmaß der Umgestaltung durch Peter den Großen und Stalin”, schreibt Militärexperte Juri Barantschik.
Beloussow ist sich der enormen Herausforderungen bewusst, die auf ihn warten, nicht zuletzt durch die Erfahrungen seines Vaters, eines führenden sowjetischen Wirtschaftsberaters. Seine Ernennung signalisiert sowohl den Unterstützern Russlands als auch seinen Gegnern eine bedeutende Veränderung.
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