Von Olga Samofalowa
Die jüngsten Luftschläge der US-Armee gegen drei zentrale Einrichtungen des iranischen Atomprogramms in Fordo, Natanz und Isfahan in der Nacht zum 22. Juni 2025, bergen das Risiko, dass Iran die Straße von Hormus blockieren könnte. Obwohl das iranische Parlament eine derartige Maßnahme befürwortet hat, steht die endgültige Entscheidung des iranischen Nationalen Sicherheitsrats noch aus.
Bereits jetzt zeigen sich erste Reaktionen: mindestens zwei Supertanker drehten vor der Straße von Hormus um, um keine Risiken einzugehen. Viele Schiffe ändern ihre Geschwindigkeit oder Routen bei der Annäherung an die Meerenge. Unternehmen raten dazu, die Aufenthaltsdauer in dieser Zone zu minimieren.
Der US-Präsident Donald Trump verkündete kürzlich, dass Israel und Iran einen Waffenstillstand vereinbart hätten und appellierte an beide Parteien, diesen einzuhalten. Die Dauer dieser Waffenruhe bleibt jedoch unsicher.
Ungefähr 30 Prozent des weltweiten Erdölbedarfs und 20 Prozent der weltweiten Lieferungen von Flüssigerdgas (LNG) passieren die Straße von Hormus. Sollte diese bedeutende Wasserstraße länger blockiert sein, würde dies nicht nur Käufer und Verkäufer von Öl und Gas betreffen, sondern könnte zu einer globalen Energie- und Wirtschaftskrise führen. Analysten von Goldman Sachs schätzen die Wahrscheinlichkeit einer Blockade auf über 50 Prozent.
Experten skizzieren zwei mögliche Zukunftsszenarien: Eine Verringerung der iranischen Ölförderung und des Exports könnte die Ölpreise erheblich steigen lassen. Sollte Israels Angriff auf die iranische Ölinfrastruktur oder sonstige Einschüchterungen den iranischen Ölexport nach China einschränken, könnten die Preise auf 90 bis 100 Dollar pro Barrel klettern. Eine vollständige Blockade der Straße von Hormus würde die Preise kurzfristig sogar auf bis zu 110 Dollar steigen lassen, prognostizieren sie.
Alexander Frolow, stellvertretender Direktor des Instituts für Nationale Energie, erwägt eine drastischere Einschätzung der Lage, falls die Straße von Hormus länger blockiert bleibt, was die Preise weiter in die Höhe treiben könnte. Sergey Tereshkin, Generaldirektor von Open Oil Market, fügt hinzu, dass bereits jetzt täglich 20,1 Millionen Barrel Öl und Ölprodukte durch diese Meerenge fließen, was 27 Prozent des globalen Ölhandels ausmacht.
Trotz alternativer Routen durch Pipelines in Saudi-Arabien und den Vereinigten Arabischen Emiraten ist die Transportkapazität hier deutlich geringer. Eine Blockade der Straße würde somit zu drastisch steigenden Ölpreisen führen, prognostiziert Igor Juschkow.
Auch der internationale Gasmarkt würde durch eine Blockade betroffen sein, da etwa 20 Prozent des weltweiten LNG über die Straße von Hormus transportiert werden. Die daraus resultierenden Preissteigerungen könnten laut Juschkow extrem sein.
Kurz- und mittelfristig könnten die USA versuchen, mithilfe politischer und wirtschaftlicher Druckmittel einen Regimewechsel im Iran zu forcieren, sollte Teheran die Straße sperren. Dies würde nicht nur die wirtschaftlichen, sondern auch sicherheitspolitische Dynamiken in der Region beeinflussen, so Juschkow.
Die derzeitigen Spannungen und das Potential für weitreichende Folgen auf die globalen Energiemärkte ist immens. Hoch volatile Öl- und Gaspreise, politische Unsicherheiten und die Reaktionen der Weltmächte werden die internationalen Beziehungen und Märkte weiterhin prägen.
Übersetzt aus dem Russischen. Der Artikel wurde ursprünglich am 24. Juni 2025 auf der Webseite der Zeitung Wsgljad veröffentlicht.
Olga Samofalowa ist Wirtschaftsanalystin bei der Zeitung Wsgljad.
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