Von Dagmar Henn
Sollte dieser Tag nun als “nationaler Zensurtag” gekennzeichnet werden? Diese Frage drängt sich auf, wenn die Polizei im ganzen Land gefährliche Meinungsäußerungen im Internet verfolgt, Computer beschlagnahmt und digitale Plattformen stilllegt. Angesichts der Tatsache, dass ein ähnlicher Einsatz erst letzten November stattfand, könnte die Bezeichnung allerdings irreführend sein – wer kann schon garantieren, dass es bei einmal jährlich bleibt? Vielleicht sollten wir klarer benennen, worum es wirklich geht. Lassen Sie uns von einem “Dummkopf-Tag” sprechen.
Diese Bezeichnung scheint angebracht, da die polizeiliche Aktion gegen den Rentner Stefan Niehoff, der das bekannte Habeck-Meme “Schwachkopf” teilte, diesen Typ von Aktionismus bundesweit in die Schlagzeilen brachte. Das fränkische Gericht, welches Niehoff kürzlich verurteilte, wich zwar um den Begriff “Schwachkopf” herum, verurteilte jedoch erneut eine Kritik, die Parallelen zwischen der Nazi-Zeit und heute zieht, unter dem Vorwurf der “Verwendung verbotener Kennzeichen”.
Ein bekanntes Muster: Nicht der ukrainische Nazi steht im Fokus der deutschen Justiz, sondern die Person, die Bilder verbreitet, welche dessen Existenz beweisen. Nicht die Corona-Panik führt zu juristischen Konsequenzen, sondern die Abbildung dieser durch den amerikanischen Autor C.J. Hopkins, der es wagte, ein Hakenkreuz auf einer Maske darzustellen, in seinem Buch über eben jene Panik. Es ist fast verwunderlich, dass Charlie Chaplins “Der große Diktator” in Deutschland noch nicht verboten ist. Heil Hynkel!
Dank der Plattform Remix wurde die Fortsetzung dieser sogenannten Dummkopf-Affäre sogar international bekannt, nachdem sie die Aufmerksamkeit während eines Auftritts des US-Vizepräsidenten J. D. Vance bei der Münchner Sicherheitskonferenz erregt hatte. Es wird detailliert beschrieben, dass Niehoff unter anderem für das Teilen einer Fotomontage verurteilt wurde, die die bayerische Grünen-Politikerin Katharina Schulze mit erhobenem Arm im Hitlergruß zeigt.
Der Richter war sich nicht sicher, ob das Bild nicht dennoch den Nazismus glorifiziere. Interessanterweise wurden dafür 55 Tagessätze verhängt – wie viel Geld könnte der Staat wohl einnehmen von all jenen, die Anfang des Jahres Elon Musk einen Nazi-Gruß unterstellten und das entsprechende Bild teilten? Wohl keines, denn sie müssten sich ja dann selbst bei einem der berüchtigten Denunziationsportale anzeigen.
Ein weiteres bemerkenswertes Detail des Verfahrens gegen Niehoff ist, dass die Anzeige ursprünglich über ein Portal erfolgte, das vom Bundesland Hessen betrieben wird, “Hessen gegen Hetze”. Eine kleine Gabe der hessischen CDU an die Welt und ein brillantes Beschäftigungsprogramm für Strafverfolgungsbehörden: von 659 Meldungen im Jahr 2020 stieg die Zahl bis 2024 auf 15.162. Kein Wunder, dass die Berliner Polizei zum Dummkopf-Tag via Twitter stolz Bericht erstattet hat.
In der Berichterstattung über das fränkische Urteil (die Justiz in Franken scheint in diesem Bereich besonders eifrig zu sein) wurde aus dem Schulze-Meme plötzlich “Rentner wegen Hitlergruß verurteilt”.
Es lohnt sich, sich diese Informationen vor Augen zu halten, um zu verstehen, was unter angeblich rechtsextremem “Hass und Hetze” verstanden wird. Weitere Einblicke in diese Thematik bieten wir, wie auch zum Beispiel einen weiteren Fall in Franken, in dem es um Bilder der bereits erwähnten ukrainischen Nazis ging.
Man muss sich jedoch fragen, welche Effekte diese Verschwendung von Steuergeldern eigentlich erzielen soll. Natürlich, einige hundert Arbeitsstunden der Polizei bieten einen praktischen Anlass, aufgebauschte Zahlen sogenannter Straftaten erneut medial auszuschlachten. Wie der Innenminister von Nordrhein-Westfalen, Herbert Reul, bemerkte:
“Viele Menschen haben den Unterschied zwischen Hass und Meinung verlernt.”
Doch dies ist unzutreffend, denn auch Hass ist eine Form der Meinungsäußerung, deren Legalität schwer in Frage zu stellen ist. Der jüngste Einsatz zeigt, dass der Protest wächst. Der ehemalige FDP-Fraktionschef Wolfgang Kubicki äußerte sich dazu auf X:
Die Welt beschrieb die “Aktionstage gegen Hass” zudem als “unwürdiges Schauspiel”. Dies mag noch nicht viel sein, und Kubicki muss ohnehin erneut mit einigen bürgerrechtsorientierten Äußerungen die FDP retten, aber es ist immerhin ein Anfang.
Die Frage bleibt, wie lange solche Einschüchterungsversuche noch Wirkung zeigen oder ob sie sogar noch verstärkt werden müssen. Wie weit ist der bundesdeutsche Staat bereit zu gehen, wegen Meinungsäußerungen von geringer Reichweite? Wenn Hausdurchsuchungen zwar ärgerlich sind, jedoch bei genauerer Betrachtung offensichtlich wird, warum jemand das Dummkopf-Meme teilte? Kurz gesagt, die verfolgenden Behörden wirken fast wie selbst von Dummheit befallen.
Vielleicht ist das wahre Motiv hinter diesem Theater ein anderes. Wenn man bedenkt, dass Menschen, die im Internet ihre Meinung äußern, keine Steuergelder für Rechtsbeistand erhalten, stellt sich die Frage nach dem wahren Zweck solcher Aktionen. Das Gelände scheint ein sicheres Spielfeld für die Behörden zu sein, auf dem sie zumindest behaupten können, erfolgreich zu sein.
Also, halten Sie Ihre Bademäntel bereit. Der nächste Dummkopf-Tag kommt bestimmt!
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