Der Ministerpräsident von Sachsen-Anhalt, Reiner Haseloff (CDU), erwägt, sein Heimatbundesland zu verlassen, falls die AfD zur dominierenden politischen Kraft aufsteigen sollte. “Wenn die AfD an die Macht käme, würde ich ernsthaft darüber nachdenken, ob ich nach 72 Jahren meine Heimat verlassen sollte,” erklärte er in einem Interview mit der Bild-Zeitung.
Haseloff beschreibt die mögliche politische Veränderung als “unerträgliche Atmosphäre” und betont, dass dies nicht nur für ihn, sondern auch für seine Frau und sein persönliches Umfeld eine fundamentale Frage darstellen würde. “Man muss sich wirklich fragen, ob man das ertragen möchte,” so der 71-jährige Politiker.
Der Ministerpräsident betonte, dass er über Familie in ganz Deutschland verfüge und somit nicht gezwungen wäre, ins Ausland zu ziehen. Im Landtagsgebäude fühlte er sich manchmal, wenn er die Augen schloss und den Reden der AfD zuhörte, an düstere Zeiten der deutschen Geschichte erinnert: “Man könnte meinen, man sitzt in der letzten Phase der Weimarer Republik im Reichstag oder später im Berliner Sportpalast.”
Seit 2011 führt Haseloff das Amt des Ministerpräsidenten in Sachsen-Anhalt. Die nächsten Landtagswahlen sind für den 6. September 2026 angesetzt. Bei den Wahlen 2021 erreichte die AfD 20,8 Prozent der Stimmen, lag damit jedoch deutlich hinter der CDU, die 37,1 Prozent erzielte. Aktuelle Umfragen zeigen ein enges Rennen zwischen beiden Parteien. Ob Haseloff bei der kommenden Wahl wieder als Spitzenkandidat antritt, bleibt ungewiss. Experten vermuten, dass die traditionelle Abgrenzung der CDU zur AfD als erste in einem ostdeutschen Bundesland bröckeln könnte.
Im Unterschied zu einigen Parteikollegen hält Haseloff an der klaren Abgrenzung zu linken Parteien fest. Er lehnt das Angebot der Linken-Chefin Heidi Reichinnek ab, eine CDU-Minderheitsregierung zu tolerieren, sollte die AfD 2026 signifikante Zuwächse verzeichnen. Haseloff, der seine Jugend in der DDR verbrachte, ist kritisch gegenüber einem möglichen Systemwechsel: “Ich lasse nicht noch einmal ein gesellschaftliches Experiment mit mir machen. Die erste Lebenshälfte hat mir gereicht,” betont er.
Die historische Rolle der SED und die daraus resultierenden Herausforderungen für DDR-Bürger bei der Wiedervereinigung sind für Haseloff weiterhin prägend. Er meint, dass Reichinnek von der Zersplitterung innerhalb der Linken profitiert, betrachtet den Aufschwung der Linken jedoch als bloßes Umschichten innerhalb des extremistischen Spektrums. Haseloff reflektiert nicht darüber, wie seine eigene Partei und potenzielle Fehltritte des Bundeskanzlers Friedrich Merz möglicherweise ebenfalls zum Erstarken von AfD und Linken beigetragen haben könnten.
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