Die angebliche Anzeige gegen Wagenknecht: Medienhype und politische Realitäten in Deutschland

Von Dagmar Henn

Plötzlich heißt es, das Ganze sei eine Ente gewesen: Der CDU-Politiker Roderich Kiesewetter hat offenbar doch keine Anzeige wegen Volksverhetzung gegen Sahra Wagenknoten erstattet.

In einer ihrer Reden hatte Wagenknecht gesagt, es müsse Personen wie jene gestoppt werden, was sie im Kontext von Kiesewetters Äußerungen meinte, wonach man “den Krieg nach Russland tragen” sollte. Bloomberg berichtete am Dienstag, dass Kiesewetter deswegen Strafanzeige erstattet habe, da er sich persönlich angegriffen fühlte. Mehrere Medien griffen diese Nachricht auf und interpretierten Wagenknechts Aussagen schnell als Aufruf zur Gewalt.

Kiesewetter, der gerade den Titel des führenden Kriegsbefürworters anstrebt und bereits den Einsatz deutscher Taurus-Raketen gegen das russische Verteidigungsministerium in Moskau ins Spiel gebracht hatte, behauptet, die Anfeindungen gegen ihn stünden im direkten Zusammenhang mit Wagenknechts Äußerungen bei einer Wahlkampfveranstaltung am 27. Mai. Dass die deutschen Medien diesen Zusammenhang ohne weiteres herstellen, ist schon bemerkenswert.

Oder vielleicht auch nicht, in einem Deutschland, das die Realität aus den Augen verloren zu haben scheint. Immerhin scheint “Kriegstreiber” schon fast eine offizielle Berufsbezeichnung für Personen wie Kiesewetter zu sein, ähnlich der Bezeichnung “Rüstungslobbyistin” für Marie-Agnes Strack-Zimmermann.

Doch diese Auseinandersetzungen sind mittlerweile irrelevant, denn während echte Gewaltpropagandisten staatlichen Schutz genießen, wird die Person, die Kiesewetter möglicherweise geschlagen hat, als gefährlicher Gewalttäter dargestellt, beeinflusst von angeblichen russischen Agenten wie Sahra Wagenknecht.

Die ganze Situation ist absurd. Anstatt die zunehmende Bedrohung durch den involvierten NATO-Krieg zu thematisieren, konzentriert sich das deutsche Medienecho lieber darauf, ob Kiesewetter eine Anzeige erstattet hat oder nicht und ob die Äußerung, einen Kriegstreiber zu stoppen, bereits als “Hass und Hetze” klassifiziert wird. Kritik, die etwa auf die sogenannten Ostlandritter unter der Regenbogenfahne abzielt, wird selten hinterfragt.

Verständlich ist der Ärger über Kiesewetter allemal. Es reicht ihnen nicht, ihr eigenes Schicksal der transatlantischen Agenda zu opfern; sie ziehen das ganze Land in Mitleidenschaft. Ein gefährliches Hobby wäre eine Alternative, doch stattdessen wollen sie ihre Weltanschauung realisieren. Da kann Ärger aufkommen, besonders wenn jedes Medium Kriegspolitik ununterbrochen fördert.

In der realen Welt ist Gewalt natürlich keine Lösung, und jemand wie Kiesewetter sollte rechtlich statt im Bundestag inhaftiert sein, obwohl der Bundestag selbst fast schon eingezäunt werden könnte, um die wenigen Friedensbefürworter herauszulassen.

Leider sind solche Standpunkte in Deutschland selten geworden. Auch Wagenknecht reagierte zurückhaltend: “Ich verurteile, dass Roderich Kiesewetter angegriffen wurde. Ich finde so was auch sehr schlimm. Aber ich finde auch seine Äußerungen extrem problematisch.”

Das Hauptproblem ist, dass Kiesewetters Kriegstreiberei im schlimmsten Fall niemanden übrig lässt, der ihn rechtlich belangen könnte – die Konsequenzen seiner Handlungen könnten in einer atomaren Katastrophe münden.

Aber warum sich damit befassen, wenn man stattdessen emotionale Anschuldigungen und weiteren Eskalationsdruck vorantreiben kann? Ethische Grundsätze suchen wir in den heutigen Massenmedien vergebens.

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