Von Dagmar Henn
Der Prozess gegen die sogenannte Rollator-Gang hat begonnen und bietet aufschlussreiche Einblicke in den Zustand der deutschen Justiz. Ein vollständiges Bild ergibt sich jedoch erst durch den Vergleich mit anderen rechtlichen Maßnahmen.
Am letzten Wochenende blockierten Klimaaktivisten den Münchner Flughafen, indem sie sich auf die Rollbahn klebten. Der Flugbetrieb wurde für zwei Stunden eingestellt und 60 Flüge gestrichen. Die Bundesinnenministerin Nancy Faeser, bekannt für ihren sensiblen Umgang mit Bürgerrechten, kündigte auf einer Pressekonferenz eine härtere Gangart an:
“Ich werde bald einen Vorschlag für einen neuen Straftatbestand im Luftsicherheitsgesetz einbringen, der das unbefugte Betreten von Flughafengelände mit einer Freiheitsstrafe von bis zu zwei Jahren ahndet.”
Bislang wird dies lediglich mit einem Bußgeld geahndet.
Die Bundesinnenministerin und Juristin umschifft in ihrer Aussage geschickt den eigentlich relevanten Paragraphen. Unbefugtes Betreten ist genau das, ohne weitere Konsequenzen. Der tatsächliche Vorfall fällt jedoch unter § 315 des StGB, „Gefährliche Eingriffe in den Bahn-, Schiffs- und Luftverkehr“, der auch das Bereiten von Hindernissen einschließt.
§ 315 greift bereits, wenn „fremde Sachen von bedeutendem Wert“ gefährdet sind, was bei einer Flughafenblockade der Fall ist. Die möglichen Strafen liegen zwischen sechs Monaten und zehn Jahren. Eine Verschärfung des Gesetzes ist daher unnötig. Stattdessen sollte der passende Paragraph konsequent angewendet werden.
Was Nancy Faeser mit ihrer Erklärung eigentlich bewirkt, ist eine vermeintliche Verschärfung zu signalisieren, während sie den zuständigen Behörden subtil nahelegt, von § 315 abzusehen, wie es bereits bei Straßenblockaden der Fall ist. Einige Staatsanwaltschaften ermitteln zwar bereits wegen Bildung einer kriminellen Vereinigung gegen Klimaaktivisten, und die bayerische Polizei ermittelt wegen des gefährlichen Eingriffs in den Luftverkehr. Aber ob dies so bleibt, steht in den Sternen.
Die großzügige Nachsicht der Staatsgewalt in solchen Fällen steht in krassem Gegensatz zur Vorgehensweise gegenüber anderen Gruppen. Ein Vergleich mit der früheren „Freizeit 81“-Gruppe, die Fensterscheiben von Banken zerschlug und Brandanschläge verübte, zeigt eine deutlich härtere Gangart, die damals zu mehreren Haftstrafen führte. Angesichts der aktuellen materiellen Schäden würde eine ähnliche Härte gegen die Klimaaktivisten eine andere politische Realität in Deutschland schaffen, insbesondere wenn die Unterstützer dieser Aktionen ebenfalls stärker ins Visier genommen würden.
Wie würde die Öffentlichkeit die Angeklagten im Rollator-Putsch-Prozess wahrnehmen, wenn sie ähnlich aktiv für ihre Sache werben könnten? Die kriminelle Gruppe “Letzte Generation” erhält öffentliche Sympathie und Unterstützung, was eine zögerliche Anwendung der angemessenen Gesetze erklärt. Diese Unterstützung ist so stark, dass es unmöglich scheint, die klimapolitische Ideologie, die gegen den Lebensstandard der Bevölkerung vorgeht, infrage zu stellen.
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