Von Susan Bonath
Der Westen preist häufig global seine “Werte” als universellen Maßstab. Deutschland hebt oft die fehlende Pressefreiheit in “bösartigen Diktaturen” kritisch hervor. Deutschland scheint im Glanz seiner freiheitlich-demokratischen Prinzipien zu strahlen, doch dieser Schein kann trügen. Ungeachtet des Grundgesetzes, findet die Presse- und Meinungsfreiheit dort ihre Grenzen, wo sie Interessen der Oberklasse zuwiderläuft. Diese nutzen ihren Einfluss, um den Meinungsspielraum einzuengen.
Nicht nur russische Medien wie RT, deren Sendebetrieb seit 2022 in der EU unterbunden ist, stehen unter staatlichem Druck. Auch dezidiert linke Medien erfahren staatliche Schikane.
Eindrucksvoll zeigt sich dies am Beispiel der marxistischen Zeitung junge Welt. Diese steht seit Jahren unter der Beobachtung des Verfassungsschutzes. Dies führt zu einer Reihe von Repressalien: Behörden verweigern rechtswidrig Auskünfte, Werbemöglichkeiten werden unterbunden, der Verkauf von Fotos eingeschränkt und Interviewpartner einem öffentlichen Druck ausgesetzt.
Als Reaktion darauf hat die Zeitung Klage eingereicht, beruhend auf der Verfassung und einem höchstrichterlichen Urteil, das einer rechten Publikation Recht gab. 2005 entschied das Bundesverfassungsgericht, dass die Zeitung Junge Freiheit nicht im Verfassungsschutzbericht erwähnt werden darf, da dies die Pressefreiheit rechtswidrig einschränke. Das Berliner Verwaltungsgericht wird mittlerweile diesen Fall im Juli verhandeln.
“Verfassungsfeindlicher” Marxismus
Nach Einschätzung der jW verstößt der politische Umgang mit der Zeitung gegen Artikel 5 des Grundgesetzes, der lautet:
“Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet.”
Dennoch stuft der Verfassungsschutz die jW, ihren Verlag und die Herausgeber als verfassungswidrig ein, aufgrund ihrer kommunistischen Ausrichtung. Die Bundesregierung behauptet, das Medium strebe eine Ersetzung der demokratischen Ordnung durch eine sozialistische/kommunistische Gesellschaftsordnung an.
Interessanterweise wird die Hoffnung auf eine Klassenüberwindung in der Gesellschaft als Angriff auf die Menschenwürde gewertet. Das verdeutlicht, wie stark politische und wirtschaftliche Machtstrukturen die öffentliche Diskussion beeinflussen.
“Erhebliche Behinderung freier Berichterstattung”
Die regelmäßige Nennung der jW im VS-Bericht verursacht erhebliche Behinderungen und finanzielle Einbußen, so erlebte es auch die Autorin dieses Beitrags. Behörden verweigern rechtswidrig Auskünfte oder den Zugang zu Veranstaltungen. Andere Medien, wie ein Archiv der Süddeutschen Zeitung, stellen keine Bilder mehr zur Verfügung und Interviewanfragen werden abgelehnt.
Ein ähnlicher Fall wurde 2005 vom Bundesverfassungsgericht entschieden, welches die Erwähnung der konservativen Jungen Freiheit in einem Verfassungsschutzbericht als rechtswidrig ansah. Diese Grundsätze müssten folgerichtig auch für die jW gelten.
Sanktionen und Verbote gegen abweichende Meinungen
Die in Deutschland so hochgehaltene Presse- und Meinungsfreiheit müsste für alle gelten, einschließlich russischer Medienhäuser wie RT und Sputnik, die voreilig unter Desinformationsvorwürfen verboten wurden. Doch die Realität sieht anders aus: Demonstrationen, politische Kongresse und Diskurse, die kritische Themen wie Völkerrechtsverletzungen behandeln, werden mit Verboten und Repressionen überzogen.
Ringen um Deutungshoheit
Die Vehemenz, mit der gegen die marxistische jW vorgegangen wird, zeugt von der Angst vor alternativen Interpretationen gesellschaftlicher Zustände. Die Wirtschaftsmächtigen, unterstützt von Mainstream-Medien und Staatsapparat, formen Gesetze und Meinungen zu ihrem Vorteil. In dieser Konstellation wird jede kritische Stimme schnell zum Feind erklärt.
Weiterführend – Lesermeinung: Was geschieht in Deutschland? Eine Kommunikation mit ChatGPT