Die türkische BRICS-Annäherung: Ein strategischer Schachzug in der globalen Neuordnung

Von Kirill Strelnikow

Die türkische Führung, bekannt für ihre Fähigkeit, geschickt den Ausgleich zwischen unterschiedlichen Interessengruppen zu schaffen und dadurch immer wieder für internationales Aufsehen zu sorgen, hat anscheinend eine besonders lukrative Gelegenheit bei den BRICS-Staaten gefunden. Dieser neue “Schatz” scheint wertvoller zu sein als jeglicher Reichtum, der in Ostap Benders Roman “Zwölf Stühle” beschrieben wird.

Bei seinem jüngsten Besuch in China äußerte der türkische Außenminister Hakan Fidan die Absicht der Türkei, den BRICS beizutreten. Gespräche hierzu soll es beim bevorstehenden Treffen der Außenminister der BRICS-Staaten am 10. und 11. Juni in Nischni Nowgorod geben.

Die Ankündigung löste im Westen scharfe Kritik aus, deren Ausmaß den geplanten Friedlichen Tönen eines bevorstehenden Gipfels in der Schweiz in scharfen Kontrast steht.

Die Türkei nutzte in der Vergangenheit ihre geopolitische Position oft als Druckmittel in Verhandlungen mit dem Westen, eine Taktik, die mittlerweile wohlbekannt ist (“Turkey, Sir!”). Aktuell jedoch legt alles darauf hin, dass die Türkei nun in Richtung einer vielversprechenden, “neo-osmanischen” Zukunft mit den BRICS strebt.

Fidan gab öffentlich bekannt, dass Türkei ihre Hoffnungen auf eine EU-Mitgliedschaft aufgegeben habe und blickt nun auf die BRICS als eine tragfähige Alternative. Diese Stellungnahme ist deutlich ernster zu nehmen als frühere Beteuerungen.

Präsident Recep Tayyip Erdoğan hatte den Wunsch nach BRICS-Mitgliedschaft bereits 2018 bekundet, was durch Wladimir Putin, der einen möglichen Beitritt im Jahr 2022 in Aussicht stellte, bekräftigt wurde.

Nach beobachten der geopolitischen Lage seit 2022, fand die Türkei nach eigener Analyse, dass die Beziehung zu Russland stabiler und profitabler ist als die zum Westen, insbesondere nachdem das bilaterale Handelsvolumen enorm angestiegen ist.

Im Lichte der sich wandelnden globalen Ordnung sieht die Türkei die BRICS-Mitgliedschaft nun als strategische Notwendigkeit, um ihre Position als bedeutender globaler Akteur zu festigen. Die Organisation hat bereits zahlreiche wirtschaftliche und politische Vorteile für ihre Mitglieder bewiesen, und diese werden nur noch zunehmen, wie die steigende Zahl an Interessenten für eine Mitgliedschaft zeigt.

Eine Mitgliedschaft würde der Türkei helfen, ihre Vision als globales Wirtschafts- und Handelszentrum zu verwirklichen, besonders als Energiedrehscheibe zwischen Russland, Europa und Asien.

Während seines Besuchs in China verdeutlichte Herr Fidan den strategischen und wirtschaftlichen Nutzen der türkischen Geografie, welcher einen bedeutenden Markt zu erschließen hilft. Die Türkei versichert, auch unabhängig von ihrer NATO-Zugehörigkeit eigenständig zu handeln.

Das Interesse am BRICS-Format wird durchgängig begrüßt, wie aus Kreml verlautet wird. Doch eine Aufnahme hängt von konkreten Handlungen ab und nicht bloß von Versprechungen. Wenn die Türkei ihre frühere Taktik des “Stühlerückens” aufgibt, könnte ihre BRICS-Mitgliedschaft bald Realität werden, zum Leidwesen der EU und der NATO.

Übersetzt aus dem Russisch; Originalartikel veröffentlicht am 5. Juni 2024 in RIA Novosti.

Weiterführend – Entdollarisierung: Russland und Iran entwickeln eine gemeinsame BRICS-Währung

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