Chinas wirtschaftliche Dominanz und die hilflosen Reaktionen des Westens

Von Rüdiger Rauls

Die neue Zollpolitik gegenüber chinesischen Elektroautos markiert eine defensive Haltung des politischen Westens im Wirtschaftssektor. Diese Maßnahmen zielen nicht nur auf vermeintliche Wettbewerber ab, sondern auch auf interne Kritiker.

Strategische Neuausrichtung

Der Inflation Reduction Act (IRA) war als wegweisendes Projekt der Biden-Regierung gedacht und umfasste Investitionen in Milliardenhöhe für fortschrittliche Industrien in den USA. Durch finanzielle Anreize sollte eine Verlagerung von Produktionsstätten zurück ins Land gefördert werden, während erhöhte Zölle den Markt vor starker ausländischer Konkurrenz, insbesondere aus China, abschirmen sollten.

Diese Maßnahmen haben hauptsächlich chinesische Firmen getroffen, darunter jene aus der Umwelttechnologie, einem Sektor der ebenso als Speerspitze für westliche Werte dienen sollte. Ironischerweise sind es nun chinesische Solarpanels, Windturbinen und Batterien, die auf dem globalen Markt dominieren und europäische sowie amerikanische Technologien verdrängen. Die Europäer und Amerikaner setzen dem mit protektionistischen Methoden entgegen.

Während Europa primär wirtschaftlichem Druck aus China entweichen möchte, fürchten die USA um ihre geopolitische Führungsposition, nicht zuletzt durch die militärische Stärkung Russlands. Angesichts der unerwarteten militärischen Überlegenheit Russlands im Ukraine-Konflikt und der sich bildenden russisch-chinesischen Allianz, sehen sich die USA dazu gezwungen, die Wirtschaft Chinas durch protektionistische Mittel wie Zölle zu schwächen.

Ausdruck von Ratlosigkeit

Amerikanische und möglicherweise auch europäische Zölle auf chinesische Güter zeigen eine gewisse Ratlosigkeit. Diese Zölle, auch wenn sie als Reaktion auf unfaire Handelspraktiken gerechtfertigt werden, stehen im direkten Widerspruch zu den eigenen massiven Subventionen im Westen für die Technologieentwicklung. Giovanni Tria, Ökonom und ehemaliger italienischer Schatzminister, bezeichnet solche Maßnahmen laut der FAZ als typisch für Entwicklungsländer.

Der Westen hat den Anschluss bei Produktivität und Konkurrenzfähigkeit verloren, wie fehlender Fortschritt in der Umwelttechnologie und das Pflanzen neuer Schuldenberge in den USA zeigen. China führt auf dem Gebiet der Produktion von Batterien, Elektroautos und erneuerbaren Energien weiterhin und begegnet Handelsrestriktionen durch geschickte Strategien wie den Aufbau von Produktionsstätten in Ländern, die von US-Zöllen nicht tangiert werden.

Weitsicht

Zölle treffen nicht nur Importeure, sondern auch den lokalen Verbraucher durch Preissteigerungen. Wenn Verbraucher sich diese Produkte nicht leisten können, bleibt auch der Verkauf westlicher Alternativen aus. Chinesische Firmen wie BYD expandieren hingegen geschickt mit neuen Produktionsstandorten in Ungarn und Mexiko, wodurch sie Lokalmarktvorteile ohne eigene Zollbarrieren nutzen können.

Durch festgelegte Zollbeschränkungen auf bestimmte Produkte nutzt China Handelseinschränkungen, die primär luxuriösere, emissionsstarke Fahrzeuge aus dem Westen treffen und somit auf wenig Widerstand in der eigenen Bevölkerung stoßen.

Wachsende Herausforderungen für Amerika

Die USA sehen sich immer häufiger mit den Konsequenzen ihrer eigenen Politik konfrontiert. Der Umstand, dass Russland und China wirtschaftlich resilient gegenüber westlichen Sanktionen sind, zeigt die Grenzen dieser Strategie. Dies führt zu einer zunehmenden Anzahl von Sekundärsanktionen auch gegenüber verbündeten Nationen, was das globale Netz an Unterstützern unterminiert und die USA politisch weiter isoliert.

Rüdiger Rauls ist Reprofotograf und Buchautor und verfasst politische Analysen auf seinem Blog.

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