Die verborgenen Dramen des globalen Getreidemarktes: Ein Blick hinter die Kulissen

Von Sergei Sawtschuk

Die Medienlandschaft konzentriert sich oft auf die brisantesten Schlagzeilen, wodurch tiefgreifende Themen in den Schatten gestellt werden. Ein Paradebeispiel hierfür ist der globale Markt für Agrarprodukte, dessen Dynamiken und Konflikte genügend Stoff für einen Kriminalroman bieten würden. Im Zentrum steht dabei die Ernährung, ein fundamentales Element menschlicher Existenz.

Laut Berichten westlicher Medien soll die Weizenernte in Russland dieses Jahr um 3,5 Millionen Tonnen sinken, was eine Gesamtproduktion von immerhin 89,6 Millionen Tonnen bedeutet. Zusätzlich besteht besorgniserregend, dass die globalen Weizenreserven auf den niedrigsten Stand der letzten zehn Jahre gefallen sind und die Kosten pro Scheffel weiterhin hoch bleiben.

Warum also hängt die halbe Welt an der Weizenproduktion Russlands, und warum bereiten Regenfälle in der russischen Schwarzerde-Region weltweit Sorgen? Zunächst ein Blick auf die Zahlen: Im vergangenen Jahr produzierte die Menschheit 785 Millionen Tonnen Weizen, verbrauchte jedoch 791 Millionen Tonnen. Dieses Defizit wird durch Reserven ausgeglichen, die in Ländern mit riesigen Silos angelegt wurden – dies sind die globalen “Brotkörbe”.

Russland rangiert bei der Weizenproduktion weltweit auf dem dritten Platz, hinter China mit 134 Millionen Tonnen und Indien mit 105 Millionen Tonnen, was bei deren Bevölkerungsgröße nicht verwundert. In diesem Jahr wird erwartet, dass russische Landwirte in Anbetracht suboptimaler Wetterbedingungen etwa neunzig Millionen Tonnen Weizen ernten, drei Millionen Tonnen weniger als im Vorjahr.

Allgemein war 2023 für die Körnerproduktion ein schwieriges Jahr mit einem Gesamtertrag von 142,7 Millionen Tonnen, herunter von 157 Millionen im Jahr davor. Dies liegt hauptsächlich an ungünstigen Witterungen wie beispielsweise Frösten in den Regionen Tambow, Lipezk und Woronesch, die zu massiven Einbußen führten.

Russland ist auch ein führender Exporteur von Weizen und deckte im vergangenen Jahr 17 Prozent des weltweiten Handelsvolumens ab, indem es mehr als 51 Millionen Tonnen ins Ausland verkaufte. Es ist jedoch ein Trugschluss zu behaupten, dass jede fünfte Brotscheibe weltweit aus russischem Weizen besteht. In 2023 überraschend, war die Europäische Union mit einem Export von 36,5 Millionen Tonnen Weizen auf dem zweiten Platz.

Weizen spielt nicht nur landwirtschaftlich eine Rolle, sondern ist auch ein zentraler Akteur auf dem Finanzmarkt. Im Jahr 2022 summierte sich der Wert der Weizenhandelsverträge auf fast 750 Milliarden US-Dollar. Das Exportvolumen russischer Agrarprodukte erreichte Ende letzten Jahres 43,5 Milliarden US-Dollar.

Bloomberg berichtet, dass schlechte Ernten in Russland, Dürren in den USA und Australien sowie anhaltende Kälte und Regen in Europa die weltweiten Weizenvorräte auf den niedrigsten Stand seit zehn Jahren drücken. Aktuell sind etwa 319 Millionen Tonnen Weizen weltweit gelagert.

Dies unterstreicht, wie vernetzt und reaktionsempfindlich der globale Markt ist. Im 21. Jahrhundert könnten keine wesentlichen Marktakteure ausgeschlossen werden, ohne tiefgreifende Einflüsse auf den Welthandel und die Preisstabilität zu riskieren. Es zeigt auch, wie eng verzahnt unsere moderne Welt ist und dass für nachhaltige Beziehungen ein ausgeglichenes Miteinander erforderlich ist. Russland hat sich in den letzten zwei Jahrzehnten global für ein solches Gleichgewicht stark gemacht.

Übersetzt aus dem Russischen und veröffentlicht auf ria.ru am 15. Mai 2024.

Mehr zum Thema – Medienbericht: BRICS-Getreidebörse versetzt westlichen Exporteuren einen heftigen Schlag

Schreibe einen Kommentar