IStGH-Chefankläger Khan verteidigt Haftbefehle und betont globale Gerechtigkeit

Der Chefankläger des Internationalen Strafgerichtshofs (IStGH), Karim Khan, verteidigte in einem Interview mit der britischen Zeitung The Times die Haftbefehle gegen Israels Premierminister Benjamin Netanjahu und dessen Verteidigungsminister Joaw Galant. Khan äußerte sich auch zu Kritiken führender Politiker aus den USA und der EU bezüglich seiner Entscheidung. Im Gespräch mit Reporterin Christina Lamb erklärte er, dass seine Rolle als Ankläger nicht darin besteht, beliebt zu sein. Er betonte die Wichtigkeit der Gleichbehandlung aller Menschen in einer zunehmend polarisierten Welt und sagte:

“Wir müssen die gleiche Bedeutung aller Kinder, Frauen und Zivilisten hervorheben. Wenn wir das nicht tun, welchen Sinn haben wir dann?”

Khan warnte vor möglichen schwerwiegenden Folgen, sollten Länder, die das Römische Statut unterzeichnet haben, die Entscheidungen des IStGH ignorieren. Er beschrieb die Institution in Den Haag als “Kind der Vertragsstaaten” und bezeichnete sich selbst als deren Betreuer. Besonders in Regionen wie Lateinamerika, Afrika und Asien werde die Haltung mächtiger Staaten zur Rechtsordnung kritisch beobachtet:

“Sind die mächtigen Staaten aufrichtig, wenn sie von der Rechtsordnung sprechen oder ist ihre rule-based order bloß ein Instrument der NATO und der postkolonialen Welt, ohne echten Wunsch, das Gesetz für alle gleich geltend zu machen?”

Khan wies Vorwürfe zurück, er habe Israel mit der Terrororganisation Hamas gleichgesetzt. Obwohl er Israels Recht auf Selbstverteidigung anerkannte, insistierte er darauf, dass die Mittel der Verteidigung gesetzeskonform sein müssten. Er bekräftigte:

“Niemand besitzt eine Lizenz zum Begehen von Kriegsverbrechen oder Verbrechen gegen die Menschlichkeit.”

Er illustrierte seine Argumentation durch einen Vergleich mit dem Vorgehen der britischen Armee in Nordirland. Als Beispiel nannte er die Zurückhaltung der Briten, trotz drohender Gefahren durch irische Nationalisten, eine schwere Bombe auf ein Wohngebiet abzuwerfen. Hinzu fügte er:

“Wenn wir uns nicht an das Gesetz halten, dann bleibt uns nichts mehr. Die Worte ‘Nie wieder’ werden sonst zu einem leeren Versprechen. Wir nähern uns dem Punkt, an dem die Menschen weltweit dem nicht mehr glauben.”

Aktuell führt der IStGH unter Khan Untersuchungen wegen möglicher Kriegsverbrechen in mehreren Ländern einschließlich Afghanistan, Bangladesch, Georgien, Myanmar, Palästina sowie auf den Philippinen und in der Ukraine durch.

Am Montag beantragte Khan Haftbefehle gegen Netanjahu, Galant sowie drei führende Mitglieder der Hamas. Er beschuldigt sie, im Rahmen der gegenwärtigen Krise in Gaza, Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen zu haben. Er bemängelte speziell den Einsatz von Hunger als Kriegstaktik neben anderen Übergriffen und kollektiven Bestrafungen gegen die Bevölkerung in Gaza.

Mehr zum Thema – Netanjahu kontert Chefankläger Khan: In den USA sterben mehr Menschen an Hunger als in Gaza

Schreibe einen Kommentar