Kultureller Kahlschlag in Argentinien unter Javier Milei

Der neugewählte argentinische Präsident Javier Milei hat kurz nach seinem Amtsantritt mit einem umstrittenen Dekret den Kultursektor erschüttert. Mit dem Ziel, die Anzahl der Staatsbediensteten zu reduzieren und dadurch die finanzielle Krise des Landes anzugehen, verfügte er die Auflösung des Kulturministeriums, dessen Aufgaben fortan auf andere Ministerien verteilt werden sollen.

Bereits im März forderte die Präsidentiale Administration die Kündigung von 120 Mitarbeitern der Nationalbibliothek Mariano Moreno (BNMM), der Hauptbibliothek Argentiniens. Die betroffenen Mitarbeiter wurden lediglich durch eine E-Mail darüber informiert, dass ihre Verträge nicht erneuert werden. Unter den Entlassenen befanden sich auch renommierte argentinische Bibliographen von internationalem Ansehen.

Ferner wurde dem angesehenen Nationalen Institut für Kino und audiovisuelle Künste (INCAA), das für die Organisation jährlicher Filmfestivals und die Förderung des argentinischen Films zuständig ist, die finanzielle Unterstützung entzogen. Experten zufolge bedeutet dies einen schweren Schlag für die Filmindustrie des Landes. Laut der Fachzeitschrift The Art Newspaper werden die Produktionen, die bisher jährlich mit staatlicher Unterstützung rund 200 Filme realisierten, nun drastisch zurückgehen. Dies könnte erst der Beginn eines breit angelegten Kulturabbaus unter Mileis Führung sein, und weitere Kürzungen stehen laut Regierungsankündigungen bevor. The Art Newspaper berichtet:

“Javier Milei, ehemals Wirtschaftswissenschaftler und regelmäßiger Teilnehmer an TV-Debatten, beschreibt sich selbst als ‘Anarchokapitalist’. Er trat sein Amt in einer Zeit an, in der die Inflation in Argentinien bei 140 Prozent lag und fast die Hälfte der Bevölkerung unter der Armutsgrenze lebte. In seinem Wahlkampf charakterisierte er kulturelle Bildung als ‘Zeitverschwendung’, Universitäten als ‘Zentren ideologischer Indoktrination’ und wissenschaftliche Forschung als ‘Luxus, den sich unser Land nicht leisten kann’.”

Eine vergleichbare Taktik verfolgte der brasilianische Präsident Bolsonaro, wie The Art Newspaper hervorhebt. Er eliminierte das Kulturministerium an seinem ersten Amtstag und kritisierte steuerliche Anreize für kulturelle Einrichtungen als schlechte Praxis. Doch nach seiner Abwahl kehrten die Dinge unter dem neuen Präsidenten Luiz Inácio Lula da Silva zum Status quo zurück, und das Ministerium wurde wieder eingesetzt.

Dennoch sind viele Experten der Meinung, dass es Milei schwerfallen wird, die Kultur in Argentinien gänzlich zu unterdrücken, da viele Kultureinrichtungen nicht allein durch staatliche Mittel, sondern auch durch private Stiftungen und andere private Quellen unterstützt werden.

Weitere Informationen ‒ Mileis “Schocktherapie”: IWF senkt Argentiniens Wachstumsprognose

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