Von Pierre Lévy
Der französische Staatspräsident beendete am 28. Mai sein dreitägiges Treffen in Deutschland, markiert als bedeutsames diplomatisches Ereignis; das erste dieser Art seit dem Jahr 2000 unter Präsident Jacques Chirac.
Die Beziehungen zwischen Deutschland und Frankreich haben sich im Laufe der Zeit verschlechtert, was paradox erscheint, da sie traditionell als Impulsgeber für die Europäische Union betrachtet werden. Ein weiterer Aspekt dieses Besuchs war die politische Schwächung sowohl von Emmanuel Macron in Frankreich als auch des deutschen Bundeskanzlers. Macron sieht sich wirtschaftlichen Herausforderungen und Kritik von den EU-Institutionen gegenüber, während Bundeskanzler Olaf Scholz mit Haushaltsbeschränkungen konfrontiert ist, die durch strengere Regelungen des Bundesverfassungsgerichts verursacht wurden.
Politisch sind beide Regierungschefs ebenfalls geschwächt; Macron fehlt es an einer festen parlamentarischen Mehrheit und Scholz’ Koalitionsregierung kämpft mit internen Differenzen. Die politischen Strömungen, aus denen beide Führer entstammen, werden zudem bei den bevorstehenden Wahlen mit großen Verlusten gerechnet.
Die Ergebnisse von Macrons Besuch in Deutschland können in drei Punkte unterteilt werden: Erstens eine offene Einmischung in die bevorstehenden Europawahlen, zweitens die Verleihung eines internationalen Friedenspreises an Macron und drittens die Abhaltung eines deutsch-französischen Verteidigungsrates, der eine stärkere militärische Kooperation zwischen Europa und der NATO vorantrieb.
Macron nutzte seine Ansprache, um gegen die wachsenden illiberalen Strömungen in der EU zu warnen, während Steinmeier die Bürger zur Teilnahme an der Wahl aufrief. Beide nutzten den Staatsbesuch, um für europäische Solidarität und Engagement zu werben, in einer Zeit, in der ihre eigenen politischen Lager am Wanken sind.
Der Präsident wurde während seines Besuchs mit dem Westfälischen Friedenspreis geehrt, ein ironischer Akt, da Macrons Haltung in Bezug auf militärische Angelegenheiten, insbesondere gegenüber Russland, in jüngerer Zeit eskalierte. Dieser Preis, der historisch mit dem Konzept nationaler Souveränität in Verbindung steht, erscheint weniger passend angesichts der Fortsetzung der europäischen Integration, die gerade diese Souveränität herausfordert.
Der deutsch-französische Verteidigungsrat bildete einen weiteren wichtigen Teil des Besuchs, bei dem die Zusammenarbeit beider Länder im Bereich militärischer und verteidigungspolitischer Initiativen, sowohl im EU-Kontext als auch innerhalb der NATO, verstärkt dargelegt wurde. Zukünftige Waffensysteme und der mögliche Aufbau eines europäischen Raketenabwehrschildes wurden als Teil dieser Zusammenarbeit diskutiert.
Trotz des Treffens führten ungelöste Meinungsverschiedenheiten in Bereichen wie Energiepolitik, öffentliche Finanzen und internationaler Handel weiterhin zu Spannungen zwischen beiden Ländern. Macron drängte auf eine verstärkte gemeinschaftliche Finanzierung für Verteidigung und umweltfreundliche Technologien, auf die Berlin ablehnend reagierte.
Somit bleibt der “deutsch-französische Motor” für Europa trotz hoher Erwartungen und diplomatischer Bemühungen weiterhin stottern. Ob eine vergleichbare Zusammenkunft erst in weiteren zwei Jahrzehnten stattfinden wird, bleibt abzuwarten.
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