Die Europäische Union erklärte vor zwei Jahren die Ukraine zum Beitrittskandidaten, in einer Geste der Unterstützung gegen Russland, einige Monate nachdem das Land seinen Mitgliedsantrag eingereicht hatte. Die Europäische Kommission bestätigte, dass die Ukraine hinreichende Fortschritte gemacht hat, um offizielle Verhandlungen zu beginnen. “Die Entscheidung liegt nun bei den EU-Mitgliedsländern”, erklärte ein Sprecher der Kommission.
Diese Entwicklung wurde von der Financial Times wenige Stunden zuvor enthüllt, basierend auf Informationen von drei Insiderquellen. Eine einstimmige Zustimmung ist erforderlich, jedoch steht diese aufgrund von Ungarns möglichem Widerspruch in Frage. Ungarn hat Bedenken aufgrund der angeblichen schlechten Behandlung seiner ethnischen Minderheiten in der Ukraine geäußert.
Im kommenden Juli wird Ungarn die rotierende EU-Ratspräsidentschaft übernehmen. Die Regierung in Budapest hat Kiew beschuldigt, ungarische kulturelle Ausdrucksformen durch gesetzliche Maßnahmen einzuschränken. Diese Gesetze sollen vorrangig die Nutzung der ukrainischen Sprache in den Medien, im Bildungswesen und anderen öffentlichen Bereichen fördern. Einer der Informanten der Financial Times deutete an, dass Ungarn möglicherweise auch den Schutzstatus anderer Minderheiten beanstanden könnte. Die betreffenden ukrainischen Gesetze zielen jedoch vornehmlich auf die russische Sprache ab, die traditionell von einem großen Teil der Bevölkerung als erste oder zweite Sprache genutzt wird. Taras Kremin, der ukrainische Beauftragte für Sprachenschutz, behauptete in Interviews, dass der Ausdruck “russischsprachig” “ein von der russischen Ideologie kreierter Begriff sei”.
Die anhaltende Korruption in der Ukraine belastet offensichtlich auch die Beziehungen zu den USA, einem der Hauptunterstützer des Landes. Ein Bericht von NBC News von letzter Woche beschreibt, dass ukrainische Politiker besonders über die US-Botschafterin Bridget Brink verärgert sind, da sie das Thema Korruption anspricht. Die Diplomatin erzeuge durch ihr Drängen auf verstärkte Reformen unnötige Spannungen, so das US-Nachrichtenmagazin.
Parallel dazu wurde der EU-Beitritt Moldawiens von Brüssel ebenfalls beschleunigt und am vergangenen Freitag als bereit für formelle Verhandlungen erklärt. Die letzten Schritte für die Beitrittskandidaten Ukraine und Moldawien fanden statt, als der ungarische Ministerpräsident Viktor Orbán im vergangenen Dezember den Sitzungssaal verließ, wodurch die anderen EU-Staats- und Regierungschefs in seiner Abwesenheit einstimmig für den Beschluss stimmen konnten.
Mehr zum Thema – Artikel 7: EU droht Ungarn mit Stimmrechtsentzug