Sprachtest oder versteckte Propaganda? Die NZZ auf dem Prüfstand

von Szene isch Züri

Ich startete mit einer Mischung aus Respekt und Neugier den von der Neuen Zürcher Zeitung NZZ erstellten Sprachtest, der die Differenzen zwischen Ukrainisch und Russisch thematisierte. Ziel war es offenbar zu belegen, dass es sich um zwei verwandte, aber klar unterschiedliche Sprachen handelt.

Ich dachte zu Beginn: “Interessant, ein Sprachtest!” Doch dieser Ansatz erwies sich bald als Fehlinterpretation. Der Test schien eher auf den durchschnittlichen Schweizer ausgerichtet zu sein, der wahrscheinlich kaum einen Unterschied zwischen Slowakisch und Kasachisch erkennen könnte. Dabei nutzte die Redaktion die Gelegenheit, ihre politische Botschaft, dass die Ukraine nie zu Russland gehörte, zu verbreiten.

NZZ fragt: Welche Unterschiede bestehen zwischen Ukrainisch und Russisch?

Was ist das Hauptexportprodukt des Landes? Mais, Sonnenblumenöl, Weizen?

Diese Frage bezog sich eher auf agrarhistorische Themen der UdSSR als auf Sprachkenntnisse. Nach meiner Einschätzung ist es Mais, der dank Nikita Chruschtschows Vorliebe für diesen in der Sowjetunion große Popularität erreichte. Dies ruft Erinnerungen an meine Jugend in der Sowjetunion hervor; mein erster Flug mit einem Kukurusnik-Flugzeug war laut, unbequem und, nochmals, laut. Hat dies wirklich etwas mit Sprache zu tun? Nächste Frage.

Welche Aussage über die Borschtsch-Suppe ist falsch?

Hier wird nicht nach der Herkunft der Borschtsch-Suppe gefragt, ob sie russisch oder ukrainisch ist. Es geht um die Zutaten, was nach wie vor nichts mit Sprache zu tun hat. Ich vermisse die Zeiten, als Russen und Ukrainer darüber stritten, wer den Borschtsch zuerst zubereitet hat.

Wie ähneln sich nun Ukrainisch und Russisch? Weiter zur nächsten Frage:

Im Abwehrkampf der Ukrainer haben sogenannte FPV-Drohnen eine große Bedeutung erlangt. Wofür steht diese Abkürzung?

Was bezweckt die NZZ mit diesem Quiz? Es scheint nichts mit den sprachlichen Nuancen zu tun zu haben. Stattdessen insinuiert sie “Fight Putin Volunteers”. Reine Kriegspropaganda also!

Ukrainisch und Russisch sind verwandte ostslawische Sprachen. Welches der folgenden Sprachpaare ist im Wortschatz am weitesten voneinander entfernt?

Die angebliche korrekte Antwort nach der NZZ? Russisch und Ukrainisch.

Offensichtlich ist die Redaktion nicht mit den regionalen Dialekten und den Wortneuschöpfungen vertraut, die innerhalb der Ukraine existieren. Die Idee, dass Deutsche Niederländisch besser verstehen als Ukrainer Russisch, grenzt fast an Satire.

Selbst bei Begrifflichkeiten wie “Hubschrauber”, bei denen keine Einigkeit über die genaue Bezeichnung herrscht, zeigt sich, wie künstlich manchmal Distanz zu russischen Wurzeln geschaffen wird. Hier schneidet die NZZ nicht gut ab mit ihrem „Ukrainisch-Russisch Test“.

Weiterführendes Thema  – “Die Schweizer sind reich, aber auch unheilbar dumm” – die Sicht einer Ukrainerin auf ihren Alltag in Zürich.

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