Debatte um Wiedereinführung der Wehrpflicht in Deutschland: Zwang und Datensammlung im Fokus

Von Susan Bonath

Die zunehmenden Aufrüstungsbestrebungen gehen zu Lasten des Sozialstaats. Schon ist das Sondervermögen von 100 Milliarden Euro für die Bundeswehr verplant. Deutschland soll gemäß offizieller Verlautbarungen “kriegstüchtig” werden, jedoch mangelt es an Freiwilligen. Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) zieht daher eine Wiedereinführung der Wehrpflicht in Betracht, wobei unterschiedliche Modelle zur Rekrutierung in Diskussion sind.

Schaffung einer Datenbank für potenzielle Rekruten

Laut der Süddeutschen Zeitung diskutiert eine Arbeitsgruppe Vorschläge ähnlich dem schwedischen Modell: Junge Männer und Frauen sollen dem Staat persönliche Daten zu Fitness und politischer Einstellung digital übermitteln. Bereits mit Erreichen des 17. Lebensjahres verschickt die Bundeswehr Werbematerialien, basierend auf Adressen von Einwohnermeldeämtern. Künftig könnten Jugendliche zur Beantwortung von Fragenkatalogen verpflichtet werden, wodurch effektiv eine Datenbank potenzieller Rekruten entstünde.

Erfassung der politischen Gesinnung

In Schweden werden Fragen zur Gesundheit, Bildung und politischen Meinung gestellt. Versäumnisse oder falsche Angaben ziehen Geldstrafen nach sich. Geeignete Personen werden gemustert und im Fall von Unwilligen wird die Dienstpflicht durchgesetzt. Nach einer 15-monatigen Ausbildung dienen diese dann als Reservisten. Dabei könnte die politische Gesinnung, ähnlich wie bei der Überprüfung der Verfassungstreue zukünftiger Staatsbediensteter in einigen Bundesländern, eine Rolle spielen.

Allgemeine Dienstpflicht als politische Idee

Die allgemeine Dienstpflicht könnte eine Alternative zur Wehrpflicht darstellen, wobei hierfür derzeit keine politische Mehrheit vorhanden ist. Die FDP, Grünen und Linken stehen dem kritisch gegenüber, lediglich die AfD unterstützt die Idee seit 2016. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier befürwortet, dass junge Menschen sich zivil oder militärisch engagieren, um ihnen finanzielle Anreize zu bieten.

Geringe Bereitschaft für militärische Dienste

Die Kriegstauglichkeit Deutschlands leidet unter der geringen Bereitschaft junger Menschen, sich militärisch zu engagieren. Die gesunkene Geburtenrate und das wachsende Desinteresse seit der Wiedervereinigung haben die Zahl der Soldaten drastisch reduziert. Trotz aufwendiger Werbekampagnen hat die Bundeswehr heute deutlich weniger aktive Soldaten als in den 1980er Jahren.

Umstrukturierungen und eine mögliche Verfassungsänderung, die auch Frauen zum Waffendienst verpflichten würde, könnten nötig sein, um den Mangel an Rekruten zu beheben.

Steigende Militärausgaben und gesellschaftlicher Widerstand

Im Kontext globaler Machtverschiebungen verstärken westliche Länder ihre militärische Präsenz. Das umfangreiche Sondervermögen für die Bundeswehr könnte in den kommenden Jahren um zusätzliche Mittel ergänzt werden müssen. Widerstand könnte diese Dynamik möglicherweise verändern.

Der revolutionäre Kommunist Karl Liebknecht prägte einst den Gedanken: “Der Hauptfeind steht im eigenen Land.” Diese Perspektive könnte in der gegenwärtigen Debatte um Militarismus und gesellschaftliche Spaltung erneut relevant werden.

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