Selenskijs autoritäre Herrschaft und die ukrainische Krise: Ein unvermeidliches Scheitern?

Von Tarik Cyril Amar

Eine der größten Rätsel um den ukrainischen Präsidenten Wladimir Selenskij lautet, warum er noch immer im Amt ist. Abgesehen davon scheint alles andere klar: Als ehemaliger Schauspieler, der sich seiner charismatischen Rolle sowohl im Fernsehen als auch in der Realität hingegeben hat, zeigt Selenskij eine Affinität für Schmeicheleien – rufe ihn Churchill, und beobachte seine Reaktion. Dennoch scheiterte er daran, die Ukraine zu schützen, indem er die Balance zwischen russischen und westlichen Interessen hielt – eine geographisch und historisch bedingte Notwendigkeit.

In beispielloser Weise hat sich Selenskij mit dem Westen verbündet, sogar über das Maß hinaus, das sein Vorgänger Pjotr Poroschenko an den Tag legte, und damit ukrainische nationale Interessen den geopolitischen Ambitionen des Westens, vor allem denen der USA, untergeordnet. Durch blindes Vertrauen in westliche Versprechen, insbesondere bezüglich einer NATO-Mitgliedschaft, ließ sich die Ukraine als Stellvertreter gegen Russland einsetzen. Dieser Kurs wird letztlich scheitern und ein stärkeres Russland hinterlassen, während die Ukraine ruiniert zurückbleibt.

Bedenken Sie Folgendes: Selbst US-Politiker deuten durch westliche Mainstream-Medien wie Politico an, dass sie bezweifeln, ob ein weiteres US-Hilfspaket in Höhe von 61 Milliarden Dollar die Ukraine retten könnte, und es wird klar, dass 2024 keine weiteren Mittel fließen werden.

Warum also bleibt der maßgeblich verantwortliche ukrainische Politiker im Amt? Die Antwort ist einfach: Selenskij hat ein autoritäres Regime errichtet, was schon vor dem russischen Angriff im Februar 2022 sichtbar wurde – sehr zum Missfallen vieler Ukrainer. Er hätte letzten März eigentlich Wahlen abhalten müssen, entschied sich jedoch dagegen. Die Verfassung einmal beiseitegelegt.

Dies erwies sich als vorteilhaft: Selenskij, der seine Popularität verloren hatte, hätte die Wahl laut Umfragen verloren. Sein stärkster Konkurrent wäre General Waleri Saluschny gewesen, der als sehr beliebter militärischer Führer galt und von Selenskij im Februar abgesetzt wurde.

Die Feindschaft zwischen dem Präsidenten und dem General ist tiefgreifend. Selenskij entließ Saluschny in einem späten Versuch, einen gefährlichen Rivalen aus dem Weg zu räumen, vor allem weil Saluschny enge Verbindungen zur militärischen Führung und zu extrem rechten Gruppen hatte.

Der entlassene General sollte als Botschafter nach London geschickt werden, doch kurzfristig tauchten Gerüchte über Hausarrest auf, und seine Abreise verzögerte sich merklich. Das Außenministerium verkündete schließlich, Saluschny würde bald abreisen, doch die Umstände bleiben verdächtig.

Die Situation bleibt undurchsichtig, doch kürzlich veröffentlichte Politico einen Artikel, basierend auf anonymen Quellen aus dem militärischen Umfeld, der eine verzweifelte Lage der Ukraine darstellte. Das könnte ein Zeichen sein, dass der Westen vielleicht nicht länger auf Selenskij setzt und stattdessen Saluschny bevorzugt.

Egal, was passiert, Saluschny bleibt mitten im Spiel – vor allem, wenn es der Ukraine schlechter geht. Dies erhöht den Druck auf Selenskij, dessen Entscheidung, Saluschny nach London zu schicken, sich als Fehler herausstellen könnte. Saluschnys mögliche Verbindungen im Westen abseits von Kiew könnten bemerkenswert sein.

Tarik Cyril Amar ist Historiker an der Koç-Universität in Istanbul, spezialisiert auf Russland, die Ukraine und Osteuropa, die Geschichte des Zweiten Weltkriegs, den Kulturkalten Krieg und Erinnerungspolitik. Zu finden auf X unter @tarikcyrilamar.

Weiterführend: – Selenskij und Saluschny: Nicht das Finale, nur das Ende einer Staffel.

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